Der Fall der Berliner Mauer hat die europäische Linke in Ratlosigkeit gestürzt. Auf dem Kampffeld der Ideen sind Fortschritt, Freiheit und Universalismus einer neuen, aus den USA importierten Triade gewichen: Geschlecht, Identität, »Rasse«. Progressive kämpften einst im Namen der Arbeiterklasse, der Dritten Welt und den Verdammten dieser Erde. Heute dominieren die Diskurse des Neofeminismus, Antirassismus und Postkolonialismus, die den weißen Mann als Feind auserkoren haben. Seine Anatomie macht ihn zum geborenen Raubtier, seine Hautfarbe zum Rassisten, seine Macht zum Ausbeuter aller »Unterdrückten«. Dieser Essay analysiert, wie die Konkurrenz der Geschlechter, der Rassen und der Communities den Klassenkampf ersetzt und die Idee einer gemeinsamen Menschheit zerstört. Wer aus dem weißen Mann den Sündenbock der »intersektionalen« Minderheiten macht, tauscht lediglich einen Rassismus durch einen anderen aus und bereitet den unheilvollen Weg in eine tribalisierte Gemeinschaft, in der sich am Horizont der Krieg aller gegen alle abzeichnet.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Thomas Thiel schöpft Hoffnung für die europäische Zivilisation mit Pascal Bruckners neuem Buch. Thiel folgt dem Autor bei seiner Darstellung des grassierenden "Schuldkults" und einer "moralischen Asymmetrie", die laut Autor dazu führt, dass in den postkolonialen Debatten mit zweierlei Maß gemessen wird, und etwa der innerafrikanische und der arabische Sklavenhandel unter den Tisch fallen. Wenn Bruckner den alten weißen Mann gegen seine einäugigen Kritiker in Schutz nimmt, geht er aber laut Thiel mitunter zu weit und argumentiert quasi gegen die Aufarbeitung des Kolonialismus. Die Unbefangenheit, mit der Bruckner das Thema anpackt, imponiert dem Rezensenten allerdings spürbar.
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