Wie findet man die eigene Identität, wenn man in Bagdad als Sohn einer griechischen Mutter und eines armenischen Vaters geboren wurde, seine Kindheit und Jugend im Libanon verbrachte und mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs dort nach Frankreich fliehen musste? Nach 30 Jahren kehrt Charles Berberian erstmals zurück nach Beirut, zu den Ursprüngen seines Lebens und der wechselhaften Geschichte des Landes. Entstanden ist sein intimstes und universellstes Buch, ein humanistisches Plädoyer für den Dialog zwischen den Kulturen von brennender Aktualität. Das Zusammenspiel seiner empathischen Texte und…mehr
Wie findet man die eigene Identität, wenn man in Bagdad als Sohn einer griechischen Mutter und eines armenischen Vaters geboren wurde, seine Kindheit und Jugend im Libanon verbrachte und mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs dort nach Frankreich fliehen musste? Nach 30 Jahren kehrt Charles Berberian erstmals zurück nach Beirut, zu den Ursprüngen seines Lebens und der wechselhaften Geschichte des Landes. Entstanden ist sein intimstes und universellstes Buch, ein humanistisches Plädoyer für den Dialog zwischen den Kulturen von brennender Aktualität. Das Zusammenspiel seiner empathischen Texte und den unterschiedlichsten grafischen Techniken zeigt die evokative Kraft von Comics, die das Unsichtbare sichtbar machen können.
Charles Berberian wurde am 28. Mai 1959 in Bagdad (Irak) geboren. Kurz nach seiner Geburt zog die Familie Berberian nach Beirut im Libanon um. Hier verbrachte Charles Berberian den größten Teil seiner Kindheit, bevor er Mitte der siebziger Jahre nach Frankreich umsiedelte. 1977 schrieb er sich an der Kunsthochschule in Paris ein, wo er auch Francois Avril kennen lernte und sich von ihm für Comics begeistern ließ. Anfang der achtziger Jahre schloss er sich der Gruppe um Avril und Philippe Dupuy an, und 1983 entstanden die ersten gemeinsamen Projekte mit Philippe Dupuy. Fragt man das Team Dupuy-Berberian nach der Arbeitsteilung, also wer von beiden der Szenarist und wer der Zeichner ist, erhält man die leicht genervte, aber verblüffende Antwort, dass beide absolut gleichberechtigt beides machen. Das Duo hat bei verschiedenen Verlagen veröffentlicht, darunter auch bei L'Association, Casterman, Éditions Cornélius, und Les Humanoïdes Associés. Allein in Frankreich wurden von ihrer bekanntesten Schöpfung "Monsieur Jean" über 120.000 Alben verkauft. 2003 wurden Berberian und Dupuy mit dem US-amerikanischen Inkpot Award ausgeziechnet und 2008 auf dem 35. internationalen Comicfestival von Angoulême erhielten sie gemeinsam mit Philippe Dupuy den Grand Prix de la Ville d'Angoulême. Ausschließlich aus der Feder Charles Berberians erschienen bei Reprodukt die Alben "Jukebox" (2011) und "Cinerama" (2012), in denen er sich seiner Liebe für musikalische und filmische Popkultur widmet.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Beirut als Seismograf globaler Entwicklungen - so liest sich laut Rezensent Moritz Baumstieger sowohl Pierre Jarawans Roman als auch Charles Berberians Comic. Während Jarawan seine Protagonistin Lilith eine Reise in die eigene Familiengeschichte machen lässt, deren Spuren über den Genozid an den Armeniern bis in die libanesische Gegenwart reichen, verarbeitet Berberian eigene Kindheitserinnerungen - aus Bagdad, Beirut und Paris - zeichnerisch, erfahren wir. Beide Werke setzen sich mit der Stadt am Mittelmeer auseinander, die Zwischenstation vieler Migrationsbiografien ist und deren Geschichte voller Versprechen und Gewaltmomente steckt. Jarawan inszeniert einen Countdown zwischen dem ersten libanesischen Raketenstart 1966 und der Explosion im Beiruter Hafen 2020, die 300.000 Menschen wohnungslos machte. Berberian, lesen wir, arbeitet mit collagenhafter Bildsprache und Zeitüberlagerung. Dass ihre Arbeiten nicht nach der Schuld für das Versagen der Regierung in Bezug auf die Explosion 2020 fragen, sondern lieber zurückschauen, sei kein Manko, sondern - so der Kritiker - Ausdruck einer Erzähllogik, die den komplexen Schichten von Beirut gerecht werde.