Die erste Monografie über einen der Hauptverantwortlichen für den Holocaust hinter der Ostfront im Sommer 1941.Der Werdegang Erich von dem Bach-Zelewskis entspricht in vielerlei Hinsicht einer klassischen Karriere der Gewalt im NS-Staat, gleichwohl hatte er seine Besonderheiten: mit 15 Jahren Freiwilliger im Ersten Weltkrieg, Kämpfer für die völkische Bewegung während der Weimarer Zeit, brutale Rache an politischen Gegnern zu Beginn der NS-Herrschaft, Organisator der Novemberpogrome in Schlesien. Als Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Mitte koordinierte Bach-Zelewski die Ermordung der jüdischen Bevölkerung entlang des Mittelabschnitts der Ostfront und als Chef der »Bandenkampfverbände« entwickelte er die Strategie der Entvölkerung ganzer Landstriche, die er im August 1944 bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstands anwendete.Auf der Basis akribischer Quellenarbeit zeichnet Jan Kreutz diese Verbrechen minutiös nach. Anhand von teils erstmals ausgewerteten Selbstzeugnissenzeigt er, wie Bach-Zelewski die von ihm angewendete Gewalt schreibend verarbeitete und sich dabei mehrfach neu erfand. Indem die Studie autobiografisches Schreiben als Teil des Gewaltprozesses begreift, fügt sie der Diskussion um die Täter des Holocaust einen neuen Aspekt hinzu.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Nicht durchweg, aber insgesamt klar positiv bespricht Rezensent Stephan Lehnstaedt Jan Kreutz' Buch über Erich von dem Bach-Zelewski, ein NS-Massenmörder, der unter anderem die Partisanenverfolgung in Osteuropa dirigierte und maßgeblich am Aufbau des KZ Auschwitz beteiligt war. Es ist höchste Zeit, dass dieser Biographie eine angemessene Darstellung zuteil wird, findet Lehnstaedt, selbst Professor für Holocaust-Studien und Jüdische Studien an der Touro University Berlin, wobei die Passagen über Bach-Zelewskis Erfahrungen im Ersten Weltkrieg nicht allzu erhellend sind, hinsichtlich der charakterlichen Entwicklung des späteren Massenmörders. Besser gefallen Kreutz die Passagen, die sich der NS-Karriere des vormaligen Landwirts ab 1930 widmen. Hier zeige sich, dass einer, der nicht durch besonderen ideologischen Eifer auffällt, bei den Nazis dennoch Karriere machen konnte, wenn er die Erwartungen, die an ihn gerichtet wurden, erfüllte. Außerdem stellt Kreutz dar, wie Bach-Zelewski in seinen Tagebüchern und Briefen, die die hauptsächliche Quelle der vorliegenden Studie sind, sich als ein verantwortungsbewusst und ehrenvoll Handelnder inszeniert. Das hat ihm, glaubt der Rezensent, auch in der Nachkriegszeit geholfen - erst 1962 wurde er, nachdem andere Anklagen fallen gelassen wurde, doch noch zu lebenslanger Haft verurteilt, was bei Kreutz allerdings nicht vorkommt, da die Studie, wie Bach-Zalewskis Schriften, im Jahr 1954 endet. Das findet Lehnstaedt schade, insgesamt liest er das Buch aber mit viel Gewinn.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Kreutz' Buch ist nicht nur deshalb wertvoll, weil es eine gründliche erste Biografie dieses so zentralen Täters liefert. Darüber hinaus zeigt er immer wieder von dem Bachs Inszenierungsstrategien. Eine hochanalytisch(e) und überzeugend(e) (Biografie)«. (Stephan Lehnstaedt, Süddeutsche Zeitung, 01.09.2025)