Sensation bedeutete ursprünglich nichts anderes als "Wahrnehmung". Heute versteht man unter einer Sensation das, was die Wahrnehmung magnetisch auf sich zieht: das Spektakuläre. Was kein Aufsehen zu erregen vermag, wird kaum noch wahrgenommen. Esse est percipi - Sein ist Wahrgenommenwerden. Der Kampf ums Dasein wird in der Sensationsgesellschaft zum Kampf um Wahrnehmung. Christoph Türcke verfolgt in seinem grundlegenden philosophischen Werk den Wandel der Sensation zur Anschauungsform des modernen Menschen, zum Verhaltensmuster, zum Unruheherd einer ganzen Gesellschaft. Er rekonstruiert die Bedeutungsgeschichte des Sensationsbegriffs und mit ihr die Formation der neuzeitlichen Welt zur "Erregungsmasse". Dabei greift er zurück bis zur physiologischen "Urgeschichte" der Sensation, die einst als Epiphanie des Heiligen erlebt wurde. Deren Nachwirkungen reichen bis in die hochtechnisierte Moderne, wo audiovisuelle Schocks wie Injektionen verabreicht werden und die erregte Gesellschaft zunehmend die Fähigkeit verliert, ohne den Maßstab der Sensation auszukommen. Christoph Türckes Philosophie der Sensation ist ein zentraler Beitrag zur Gesellschaftstheorie der Gegenwart.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Hannelore Schlaffer kann sich nicht wirklich für Christoph Türckes "Erregte Gesellschaft" erwärmen. Im wesentlichen sieht sie darin ein "Konglomerat" historischer Zitate und soziologischer Interpretationen des Begriffs "Sensation", die sich von der reinen Wahrnehmung zur Sensationssucht gewandelt habe. Als Philosoph verlangt Türcke seinem Leser nach Einschätzung Schlaffers einige Anstrengung ab. Wenn er dann aber die Überholung aller philosophischen und psychologischen Diskurse durch die Hirnforschung darstelle, erweise er sich als "Dilettant unter Dilettanten". Zu simpel und letztlich nicht überzeugend fällt für Schlaffers Geschmack seine Darstellung der schwierigen Sachverhalte um Neuronen und Zellkerne, Cortex und Neocortex aus. Schwerer noch wiegt ihr Vorwurf, dass das Material von Türckes kulturhistorischen Gesellschaftsanalysen nicht aus der sinnlichen Beobachtung, sondern "aus einer eklektizistischen Hortung von Angelesenem" stamme. "Am Klischee", so das entsprechend negative Urteil der Rezensentin, "kommen sie deshalb schwer vorbei, wie ja auch ihr Ziel, die vage Lust des Menschen am Pessimismus zu bestätigen und ihm sanfte Belehrung angedeihen zu lassen, nichts als ein modisches Unbehagen an der Unkultur formuliert".
© Perlentaucher Medien GmbH
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