Sie war beschlagnahmt, blieb verschwunden und wurde erst ein Jahrzehnt später wiederaufgespürt: eine unglaubliche Geschichte, eines Kafka oder Borges würdig, in der Realität und Wahnsinn auf immer neue Weise die Rollen tauschen.
Ein bedeutender Wissenschaftler wird in einer sowjet-ukrainischen Provinzstadt wegen Zugehörigkeit zu einer ihm unbekannten Organisation verhaftet. Ihm droht Folter, und er ahnt, dass er das nicht durchhalten wird. Er entwickelt die Idee, vor den NKWD-Offizieren den »Fone Kwas« (ein jiddischer Ausdruck für einen Narren oder »Trottel«) vorzutäuschen, wirre und unglaubliche »Geständnisse« zu machen - in der Hoffnung, schnell verurteilt zu werden, dann aber Berufung einzulegen und zu zeigen, dass alles, was er gestanden hat, technisch und wissenschaftlich vollkommen unhaltbar ist, so dass er schlussendlich wegen »irrtümlicher« Verhaftung entlassen werden wird.
Er setzt sein Vorhaben um. Er erzählt von sagenhaften Sabotageakten, malt wirre Diagramme. Je irrer und bizarrer seine Ausführungen werden, desto gebannter hört sein Ermittler zu und desto erfreuter zeigt er sich.
Und am Ende kommt alles ganz anders, als der Angeklagte erwartet hat. Die wahnsinnige Realität des stalinistischen Terrors wird die fabrizierten Phantasmen des »Fone Kwas« bei Weitem übertreffen.
Die Arbeit an der Übersetzung dieses Buches wurde freundlicherweise von der S. Fischer-Stiftung gefördert.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Ein bedeutender Wissenschaftler wird in einer sowjet-ukrainischen Provinzstadt wegen Zugehörigkeit zu einer ihm unbekannten Organisation verhaftet. Ihm droht Folter, und er ahnt, dass er das nicht durchhalten wird. Er entwickelt die Idee, vor den NKWD-Offizieren den »Fone Kwas« (ein jiddischer Ausdruck für einen Narren oder »Trottel«) vorzutäuschen, wirre und unglaubliche »Geständnisse« zu machen - in der Hoffnung, schnell verurteilt zu werden, dann aber Berufung einzulegen und zu zeigen, dass alles, was er gestanden hat, technisch und wissenschaftlich vollkommen unhaltbar ist, so dass er schlussendlich wegen »irrtümlicher« Verhaftung entlassen werden wird.
Er setzt sein Vorhaben um. Er erzählt von sagenhaften Sabotageakten, malt wirre Diagramme. Je irrer und bizarrer seine Ausführungen werden, desto gebannter hört sein Ermittler zu und desto erfreuter zeigt er sich.
Und am Ende kommt alles ganz anders, als der Angeklagte erwartet hat. Die wahnsinnige Realität des stalinistischen Terrors wird die fabrizierten Phantasmen des »Fone Kwas« bei Weitem übertreffen.
Die Arbeit an der Übersetzung dieses Buches wurde freundlicherweise von der S. Fischer-Stiftung gefördert.
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"Erschütternd" findet Rezensent Ulrich M. Schmid diesen Kurzroman von Georgi Demidow, der hier aus eigener Erfahrung von der Haft in einem sowjetischen Gulag erzählt. Warlam Schalamow, der im Gegensatz zu Demidow nach dem Ende der Sowjetunion zur einiger Bekanntheit gelangte, wie Schmid erinnert, bezeichnete den Autor, der sein Mithäftling war, als 'klügsten und ehrenhaftesten Menschen', den er jemals getroffen habe. Es geht um einen Ingenieur, der maßgeblich zur "Elektrifizierung der sowjetischen Industrie" beiträgt, so Schmid, dann aber denunziert und verhaftet wird. Am meisten beeindruckt hat den Kritiker in dieser Geschichte die Verurteilungsszene: der Ingenieur, der durch einen Trick seiner Anklage entgehen will, wird zum Tode verurteilt und erkennt, dass er ein "Fone Kwas", ein Trottel, ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Ein wichtiges Buch über den stalinistischen Terror ist Georgi Demidows 1964 fertiggestellter und nun erstmals auf Deutsch erschienener Roman laut Rezensentin Gisa Funck. Hauptfigur ist Rafail Belokrinitskij, ein Industrieller, der - eine biografische Parallele zum Autor, so die Rezensentin - in den 1930er Jahren von sowjetischen Schergen inhaftiert wird und sich zunächst mit den unmenschlichen Haftbedingungen arrangieren muss. Dass es nicht um die Ermittlung von Schuld geht, sondern um die Erpressung falscher Geständnisse, lernt der Protagonist schnell, so Funck. Freilich legen die Stalinisten Wert darauf, dass die erfundenen Beichten auch glaubwürdig sind, was für Funck die Absurdität des Terrorsystems offenbart. Belokrinitskij selbst begeht schließlich einen tragischen Fehler, lernen wir, weil er an die Vernunft im Wahnwitz glaubt, er wird, worauf bereits der Titel deutet, zum "Fone Kwas" - jiddisch für "Trottel". Als eine eindringliche Warnung vor dem Irrsinn des selbstzweckhaften Terrors ist dies ein zeitloses Buch, resümiert beeindruckt die Rezensentin.
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Wiederentdeckt und publiziert erzählen seine Werke brillant und hellsichtig von der Ohnmacht des Einzelnen im Totalitarismus und weisen so weit über ihre Zeit hinaus Tilman Spreckelsen FAZ 20231125







