Erstmals im deutschsprachigen Raum werden in diesem repräsentativen Reader Arbeiten von Harry G. Frankfurt publiziert, dessen Überlegungen bedeutsam wurden für nicht-utilitaristische Werttheorien, für die Ethik der Fürsorge bzw. der Tugendethik, aber auch für die moderne Rationalitätstheorie. Freiheit und Determinismus sind miteinander vereinbar - diese Auffassung vertritt Frankfurt nachdrücklich. Zunächst entwickelte er ein hierarchisches Modell des Wünschens und arbeitete eine philosophische Begründung für das Argument aus, daß die Bedingung, jemand hätte anders handeln können, keine notwendige Bedingung für Freiheit und Verantwortung bildet. In seinen neuesten Arbeiten entwirft er ein umfassenderes Konzept der Selbstbestimmung und der Rationalität, wobei er sein früheres Wunschmodell ersetzt durch ein erweitertes hierarchisches Modell fundamentaler Einstellungen, zu denen neben Wünschen nunmehr auch Überzeugungen und Emotionen zählen, die sich daher zugleich auf Konzeptionen unseres Charakters und unserer Integrität richten.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Der Rezensent Dieter Thomä versucht in seiner Besprechung, den "Paukenschlag" in der Philosophie zu erklären, zu dem der Aufsatz von Harry G. Frankfurt "Willensfreiheit und der Begriff der Person" 1971 geführt hatte. Frankfurt habe damals versucht, Freiheit neu zu definieren und diese nicht auf Einzelentscheidungen zu begrenzen, sondern auf einer zweiten Ebene der Wünsche und Wertungen zu lokalisieren. Der neu erschienene Band "Freiheit und Selbstbestimmung" versammle Texte aus den Jahren 1969- 1999 darunter auch besagten Aufsatz zur Willensfreiheit. Nach Frankfurt verwandle sich Freiheit von einer selbstbestimmten Handlung zur "Qualität eines seelischen Zustands". Die Probleme einer solchen Definition sieht Thomä in der Ausblendung der sozialen Zusammenhänge als Hintergrund für Identitätsbildung. Verwundert zeigt sich der Rezensent auch darüber, dass die Herausgeberinnen, weniger in die Aufsatzsammlung einführten, sondern sich vielmehr als "mind guards" aufführten, die "schwerwiegende Einwände", wie Thomä die Herausgeberinnen zitiert, vortragen würden. Dennoch solle man sich dadurch nicht von der Lektüre Frankfurts selbst abschrecken lassen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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