Sind wir die geworden, die wir sein wollten?»Damit hatte er nicht rechnen können, ausgerechnet hier, am Mare Balticum, von seinem Vorleben eingeholt zu werden.« Uwe Timm erzählt vom späten Wiedersehen zweier Männer, die in den frühen Sechzigern, noch vor dem großen Aufbruch, als Studenten in München ihren Weg suchten.Am Freitisch saßen sie mittags beieinander, in der Kantine einer spendablen Versicherung, und ihre Gespräche kreisten um Gott und die Welt und einen gemeinsamen Bezugspunkt: Arno Schmidt. Als sie sich in Anklam wiedertreffen, prallen zwei Lebensentwürfe aufeinander. Der Erzähler hat hier als Lehrer gearbeitet, Deutsch und Geschichte, und führt seit seiner Pensionierung ein Antiquariat. Der andere, Euler, damals Mathematiker mit literarischen Ambitionen, kommt als Investor und sondiert das Terrain, um eine Mülldeponie zu bauen.Beide helfen sich und der Erinnerung auf die Sprünge, geben Anekdoten zum Besten, zitieren ihre Lektüren und landen immer wieder bei dem Dritten im Bunde: Falkner, der damals schrieb, ohne jemals einen Text vorzuzeigen, und mittlerweile ein bekannter Schriftsteller ist. Und bei jener merkwürdigen Reise, die sie in die Heide, zu Arno Schmidts Grundstück führte.Wie man wurde, was man ist, und was man vielleicht hätte werden können - davon handelt Uwe Timms geistreiche, gewitzte, glänzend geschriebene Novelle, die voller Anspielungen steckt und der existenziellen Frage nachgeht: Was lässt sich umsetzen von den Wünschen und Hoffnungen, mit denen man angetreten ist?
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Hingerissen zeigt sich Judith von Sternburg von Uwe Timms Novelle "Freitisch". Die Geschichte um zwei einstige Arno-Schmidt-Adepten, einen pensionierten Lehrer und einen Müll-Unternehmer, die sich zufällig in Anklam wieder begegnen und über ihre Studentenzeit in München plaudern, ist in ihren Augen alles andere als spektakulär. Die Erinnerungen an die alten Zeiten scheinen ihr eher harmlos, die "wildeste Geschichte" handelt von einem Besuch bei Arno Schmidt, der ziemlich abweisend reagiert. Nichtsdestoweniger findet die Rezensentin diese Novelle sehr sympathisch. Das liegt für sie an der "feinen Ironie" sowie an der "Sanftmut" und der "Unverlogenheit", die hier wunderbar stimmig zusammengehen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Uwe Timms klug komponierte und sehr unterhaltsame Novelle ist beides - eine Hommage an Arno Schmidt und gleichzeitig ein ironisches Stück über die Denkmalisierung eines Schriftstellers.« Hajo Steinert Tages-Anzeiger, Schweiz 20111108
Timms Novelle ist ein leichtfüßiges, geistreiches Spiel mit der Gattung und ihren Konventionen. Florian Welle Süddeutsche Zeitung 20121005







