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Die ab April 1942 unter Leitung von Reinhard Gehlen operierende Generalstabsabteilung Fremde Heere Ost bildete den Mittelpunkt von Hitlers militärischer Feindaufklärung an der Ostfront. Die Abteilung arbeitete professionell und operativ-taktisch zuverlässig. Auf strategischer Ebene wies ihre Arbeit jedoch deutliche Defizite auf: Die Leistungsfähigkeit der sowjetischen Rüstungsindustrie, die militärpolitischen Absichten und konkrete Offensivplanungen der Roten Armee blieben ihr zumeist verborgen. Bei Kriegsende diente Gehlen Akten und Mitarbeiter von Fremde Heere Ost den US-Amerikanern an. Mit…mehr

Produktbeschreibung
Die ab April 1942 unter Leitung von Reinhard Gehlen operierende Generalstabsabteilung Fremde Heere Ost bildete den Mittelpunkt von Hitlers militärischer Feindaufklärung an der Ostfront. Die Abteilung arbeitete professionell und operativ-taktisch zuverlässig. Auf strategischer Ebene wies ihre Arbeit jedoch deutliche Defizite auf: Die Leistungsfähigkeit der sowjetischen Rüstungsindustrie, die militärpolitischen Absichten und konkrete Offensivplanungen der Roten Armee blieben ihr zumeist verborgen. Bei Kriegsende diente Gehlen Akten und Mitarbeiter von Fremde Heere Ost den US-Amerikanern an. Mit ihrer Unterstützung konnte er in der jungen Bundesrepublik einen neuen Auslandsgeheimdienst aufbauen, aus dem später der Bundesnachrichtendienst (BND) hervorging. Mit seinem Buch legt der Militärhistoriker Magnus Pahl erstmals einen Gesamtüberblick über Struktur, Personal und Wirkungsweise der Abteilung Fremde Heere Ost vor.
Autorenporträt
Magnus Pahl, Jahrgang 1975, absolvierte ein Studium der Geschichte an der Universität der Bundeswehr Hamburg. 2011 folgte die Promotion. Zeitweilig war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) in Potsdam. Derzeit ist er als Sachgebietsleiter am Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden tätig.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Grundlage dieser Arbeit über deutsche Aufklärungsarbeit im Zweiten Weltkrieg von Magnus Pahl bilden laut Klaus A. Lankheit bisher nicht ausreichend ausgewertete Dokumente über die für die Aufklärung gegen die Sowjetunion zuständige Abteilung "Fremde Heere Ost" aus dem Bundes-Militärarchiv. Mit seiner Auswertung des Materials bietet Pahl dem Rezensenten einen ertragreichen Einblick in die Geschichte der Nachrichtenbeschaffung und räumt zugleich mit einigen Nachkriegsmythen auf. Dass sich der Autor der Faszination Reinhard Gehlens, des Leiters der Abteilung, nicht entziehen kann, scheint für Lankheit tragbar.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.2013

Immer schön vage formulieren!
Zum Ursprung des Mythos Gehlen im Zweiten Weltkrieg - Keimzelle des Bundesnachrichtendienstes

Als am 22. Juni 1941 der deutsche Angriff auf die Sowjetunion begann, hatte die Wehrmacht zwar ein zutreffendes Bild der in unmittelbarer Grenznähe stehenden feindlichen Streitkräfte - doch Reserven, Panzer- und Flugzeugbestand der Roten Armee wurden erheblich zu gering angesetzt. Über die Rüstungskapazitäten und den Entwicklungsstand moderner Waffen war nichts bekannt. Die Gesamtbeurteilung des Gegners enthielt wenig mehr als ideologisch beeinflusste Gemeinplätze. Noch nicht einmal die deutschen Offiziere, die bis 1933 in der Sowjetunion mit der Roten Armee zusammengearbeitet hatten, waren befragt worden.

Die Erfolge überdeckten zunächst die Defizite der Feindaufklärung. Die sowjetische Gegenoffensive vor Moskau Anfang Dezember 1941 hielt die für die Feindlage-Beurteilung im operativ-taktischen Bereich zuständige Abteilung "Fremde Heere Ost" gar für unmöglich. Als Folge dieses Versagens wurde Oberst im Generalstab Reinhard Gehlen neuer Chef dieser Abteilung. Magnus Pahl untersucht auf der Grundlage der im Bundesarchiv-Militärarchiv in erstaunlich großem Umfang erhaltenen, bisher nicht erschöpfend ausgewerteten Unterlagen die Entwicklung und Funktionsweise der Abteilung. Er lenkt den von Nachkriegsmythen verschleierten Blick auf deren Grundaufgaben und bewertet deren Erfüllung nach zeitgenössischen Maßstäben. Seine Untersuchung ist ein ertragreicher Einblick in die Geschichte der Nachrichtenbeschaffung.

Anfang des Ersten Weltkrieges wurde beim "Großen Generalstab" die Abteilung "Fremde Heere" geschaffen und unter den Bedingungen des Versailler Friedensvertrages getarnt weiterbetrieben. Der strategische Nachrichtendienst wurde noch während der Weimarer Republik dem Reichswehrministerium direkt unterstellt, die politisch-strategische Gegnerbeurteilung nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten dem Reichssicherheitshauptamt übertragen. Die Abteilung "Fremde Heere Ost" blieb für die operativ-taktische Aufklärung gegen die Sowjetunion zuständig.

Während des Krieges waren Gefangenenbefragungen, Funkaufklärung, Erdbeobachtungen durch gezielte Spähtruppunternehmen und Luftaufklärung die wesentlichen Informationsquellen. Mangelnde Spezialisierung der zuständigen Offiziere in den Stäben aller Ebenen sowie der Mangel an Dolmetschern erschwerten die Aufgaben. Die Funkaufklärung funktionierte nicht durch Abhören, sondern unter anderem durch die Analyse der Häufigkeit der Kontakte und die Ermittlung der Senderstandorte. Entschlüsseln konnte man den feindlichen Funkverkehr zwar nie, doch auch mit dieser Methode gewann man zunächst aufschlussreiche Einblicke in die Struktur der Roten Armee und deren unmittelbare Absichten. Allerdings ging die deutsche Propaganda zu sorglos mit Hinweisen über den Ursprung dieses Wissens um. Die Sowjetunion veränderte die Nutzung ihrer Funkverbindungen daraufhin so, dass immer weniger Rückschlüsse daraus gezogen werden konnten.

Gehlen erkannte schnell die gravierendsten Mängel seines neuen Arbeitsbereiches und nahm deren Beseitigung in Angriff. Nachrichtenbeschaffung und Nachrichtenauswertung waren seit jeher getrennt, was zu Informationsverlusten führen und Interpretationsfehler begünstigen konnte. Gehlen gelang es, diese Trennung auf Arbeitsebene auch gegen die Eigeninteressen der Waffengattungen zu überwinden und damit die Ergebnisse zu verbessern. Dabei kam er dem Streben des Reichssicherheitshauptamtes in die Quere, die gesamte Nachrichtenbeschaffung unter Kontrolle zu bekommen.

Der Chef von "Fremde Heere Ost" beherrschte auch die Kunst, seine Lagebeurteilungen so konkret wie möglich, aber auch vage genug zu formulieren. Er bot mehrere Deutungsmöglichkeiten der vorliegenden Nachrichten an und verwies in nachträglichen Analysen vor allem auf die zutreffenden Teile seiner Prognosen. Beim Oberkommando des Heeres und bei den Kommandeuren des Ostheeres verschaffte er sich auf diese Weise einen guten Ruf, der über das Kriegsende hin Bestand hatte. Weitgehend zu Recht, wie Pahl nachvollziehbar darstellt.

Aufgabe der Abteilung "Fremde Heere Ost" war es, realistische Lageeinschätzungen aufgrund der Nachrichtenlage abzugeben. Auch die besten Aufklärungsergebnisse konnten an den tatsächlichen Kräfteverhältnissen nichts ändern. Je drückender die Überlegenheit der Sowjetunion hervortrat, umso pessimistischer mussten diese Beurteilungen ausfallen. Pessimismus war jedoch in den Augen des obersten Feldherrn Adolf Hitler nahe am Verrat. Gegen Kriegsende wurden die Möglichkeiten zur Nachrichtenbeschaffung immer schlechter. Die Fehlprognose sowjetischer Absichten im Februar 1945 führte schließlich zur Entlassung Reinhard Gehlens.

Die für die Niederlage getroffenen Vorbereitungen konnten dennoch nahezu planmäßig durchgeführt werden. Gehlen rechnete nicht mit dem Auseinanderbrechen der Gegnerkoalition vor der Niederlage Deutschlands. Mit dem angesammelten Wissen, auch in Form großer Mengen schriftlichen Materials über die Rote Armee, diente er sich und seine Mitarbeiter erfolgreich den Amerikanern an. Die von ihm über das Kriegsende hinaus zusammengehaltene Abteilung des Generalstabes wurde zur Keimzelle des Auslandsgeheimdienstes der Bundesrepublik Deutschland. Doch dies ist nicht mehr der Gegenstand von Pahls Untersuchung.

Der Autor kann sich der Faszination dieser Person nicht vollständig entziehen. Gehlen, zuletzt Generalmajor, gehörte zu den professionellen Militärs, die mit den vorhandenen Mitteln das Optimum für die politische Führung herausholten, ohne deren Legitimität anzuzweifeln. Damit konnte er auch problemlos für eine neue Regierung arbeiten.

KLAUS A. LANKHEIT

Magnus Pahl: Fremde Heere Ost. Hitlers militärische Feindaufklärung. Ch. Links Verlag, Berlin 2012. 464 S., 49,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ein ertragreicher Einblick in die Geschichte der Nachrichtenbeschaffung." (Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z)) "Wer sich für den Spezialaspekt "Militärisches Nachrichtenwesen" interessiert, der wird auch als interessierter Laie in dieser Arbeit viel Neues erfahren und wertvolle weiterführende Hinweise erhalten." (Deutschlandfunk) "Die gelungene Darstellung wie souveräne Quelleninterpretation resultiert auch aus der Vertrautheit des Autors mit militärischen Zusammenhängen und der einschlägigen Terminologie. Wer damit ebenfalls vertraut ist, kann sich der Lektüre rundum erfreuen; wer fachliches Neuland betritt, wird von Pahl durch den klaren Aufbau des Buches und die nachvollziehbare Argumentation mitgenommen." (sehepunkte)