Maria Virchovs Gelb hat einen dunklen Ton. Glanz und Geifer, Edles und Ekles fließen ineinander. In ihren Punk-Märchen hegen die Meerjungfrauen Suizid-Absichten und den Engeln, diesen Vandalen-Insekten, wird mit Chlor der Garaus gemacht. Aber bei aller Weltverachtung, Todessehnsucht und auch Derbheit ist diese Poesie von einer großen Liebe getragen, die allen Kreaturen und der Erde Gutes will. Bulgarisch-russischsprachig aufgewachsen, mit ukrainisch- kasachischen Wurzeln, mischen sich schon in Maria Virchovs Biografie (1969-2011) die Sprachtöne und die Traditionen, gehen Neoavantgarde und…mehr
Maria Virchovs Gelb hat einen dunklen Ton. Glanz und Geifer, Edles und Ekles fließen ineinander. In ihren Punk-Märchen hegen die Meerjungfrauen Suizid-Absichten und den Engeln, diesen Vandalen-Insekten, wird mit Chlor der Garaus gemacht. Aber bei aller Weltverachtung, Todessehnsucht und auch Derbheit ist diese Poesie von einer großen Liebe getragen, die allen Kreaturen und der Erde Gutes will. Bulgarisch-russischsprachig aufgewachsen, mit ukrainisch- kasachischen Wurzeln, mischen sich schon in Maria Virchovs Biografie (1969-2011) die Sprachtöne und die Traditionen, gehen Neoavantgarde und Postmoderne eine seltene Symbiose ein. Die Wucht und die Wut ihrer Gedichte, geboren aus den anarchisch-utopischen 1990er Jahren, erinnern uns heute, angesichts von Krieg und neuem Autoritarismus in Europa, an die Geschichte, wie sie hätte sein können. 'Wichtig für dieses Buch scheint mir auch zu sein, dass es weder ganz in die bulgarische noch ganz in die russische Tradition eingeordnet werden kann. Vielmehr blicken ihre Gedichte durch die ¿gläserne Luke¿ der Beat-Poesie ... das Gelb in Maria Virchovs Gelben Gedichten ist ... auch die Farbe des Yellow Submarine.' Georgi Gospodinov
Maria Virhov war eine bulgarische Dichterin und Übersetzerin. Sie studierte Russische Philologie an der Universität Sofia. Von 1988 bis 1991 lebte sie in der UdSSR und war Backgroundsängerin in der Punkband Assoziatsiya Pykh. 1995 gewann sie einen Wettbewerb des Literaturforums, dank dessen sie ihren ersten Gedichtband "¿¿¿¿¿ ¿¿¿¿¿¿" (Gelbe Gedichte) veröffentlichte. Sie übersetzte Gedichte von Nick Cave, Tom Waits, David Bowie, Velimir Chlebnikov, Ossip Mandelstam, Wladimir Majakowski, Janka Dagiwowa und anderen. In ihrer Übersetzung ins Bulgarische erscheinen die Theaterstücke "Russische Volkspost" von Sergej Bugaev, "Verona" von Alexei Schipenko und "Die Möwe" von Anton Tschechow. 1998 erscheint ihr zweites Buch "Der Wind, eine tote Sprache" als Teil der Reihe "Die Erdbeerfelder". Im Jahr 2005 erschien ihr drittes Buch "Tänze" als elektronische Publikation auf der Website LiterNet. 2007 war sie Mitglied der Formation Triteleta & Virh, die das Album "Io" veröffentlichte. 2009 wurde sie für den Preis "Russkaja premija" in der Kategorie "Poesija" nominiert. 2010 erschien in Moskau ihr russischsprachiger Gedichtband "Nikomeja". Sie starb am 15. Juli 2011.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Nico Bleutge liest den Debütband der 2011 gestorbenen bulgarischen Dichterin Maria Virchow mit Interesse. Virchows dunkle "Poesie der Vergänglichkeit" mit ihrer Märchen- und Todesmotivik hat es ihm angetan. Spürbar sind für ihn in den Gedichten Virchows rebellischer Geist aus dem Punk und ihre Sprachlust, etwa wenn sie Rimbaud mit Goya kurzschließt und den Rhythmus beschleunigt. Klingt manchmal wie Slam Poetry, findet Bleutge, dem auch der "anti-imperialistische Impuls" nicht entgeht. Die "grellen" Bilder der von Henrike Schmidt "raffiniert" übertragenen Texte werden laut Bleutge von den Illustrationen von Gaby Bergmann gut gespiegelt.