Der letzte Band der »Gesammelten Briefe« dokumentiert den Wettlauf, den Benjamin um sein Leben und sein Werk gegen den drohenden Krieg und die Verfolgung unternahm. Die Annexion Österreichs und der absehbare Fall Spaniens sprachen für ihn eine deutliche Sprache: »Für meine Person weiß ich, rund gesagt, kaum woher noch einen Begriff 'sinnvollen' Leidens und Sterbens nehmen. Kurz ich mag mein Blickfeld soweit ausspannen wie ich will: ich finde den Horizont ebenso verhangen wie die mir vor Augen liegenden Existenzen.« - Benjamins Sorge, als er sich nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs interniert…mehr
Der letzte Band der »Gesammelten Briefe« dokumentiert den Wettlauf, den Benjamin um sein Leben und sein Werk gegen den drohenden Krieg und die Verfolgung unternahm. Die Annexion Österreichs und der absehbare Fall Spaniens sprachen für ihn eine deutliche Sprache: »Für meine Person weiß ich, rund gesagt, kaum woher noch einen Begriff 'sinnvollen' Leidens und Sterbens nehmen. Kurz ich mag mein Blickfeld soweit ausspannen wie ich will: ich finde den Horizont ebenso verhangen wie die mir vor Augen liegenden Existenzen.« - Benjamins Sorge, als er sich nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs interniert fand, galt den Fahnen seines zweiten Baudelaireaufsatzes, dessen Fertigstellung von Beginn an der permanenten Kriegsdrohung abgerungen war. Noch einmal für ein halbes Jahr nach Paris zurückgekehrt, schreibt er die Thesen über den Begriff der Geschichte, die die Summe dessen sind, was Benjamin seiner Nachwelt überliefert wissen wollte. Als er hoffte, sich seinem Baudelairebuch wieder zuwenden zu können, mußte er in den Süden flüchten, wo er das amerikanische Affidavit endlich erhielt, aber nicht die 'ordnungsgemäße' Ausreisegenehmigung aus Frankreich. Als der spanische Zöllner ihn nach Frankreich zurückzuschicken drohte, nahm Benjamin sich am 26. September 1940 in Port Bou das Leben.
Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 als erstes von drei Kindern in Berlin geboren und nahm sich am 26. September 1940 in Portbou/Spanien das Leben. Benjamins Familie gehörte dem assimilierten Judentum an. Nach dem Abitur 1912 studierte er Philosophie, deutsche Literatur und Psychologie in Freiburg im Breisgau, München und Berlin. 1915 lernte er den fünf Jahre jüngeren Mathematikstudenten Gershom Scholem kennen, mit dem er zeit seines Lebens befreundet blieb. 1917 heiratete Benjamin Dora Kellner und wurde Vater eines Sohnes, Stefan Rafael (1918 –1972). Die Ehe hielt 13 Jahre. Noch im Jahr der Eheschließung wechselte Benjamin nach Bern, wo er zwei Jahre später mit der Arbeit Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik bei Richard Herbertz promovierte. 1923/24 lernte er in Frankfurt am Main Theodor W. Adorno und Siegfried Kracauer kennen. Der Versuch, sich mit der Arbeit Ursprung des deutschen Trauerspiels an der Frankfurter Universität zu habilitieren, scheiterte. Benjamin wurde nahegelegt, sein Gesuch zurückzuziehen, was er 1925 auch tat. Sein Interesse für den Kommunismus führte Benjamin für mehrere Monate nach Moskau. Zu Beginn der 1930er Jahre verfolgte Benjamin gemeinsam mit Bertolt Brecht publizistische Pläne und arbeitete für den Rundfunk. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten zwang Benjamin, im September 1933 ins Exil zu gehen. Im französischen Nevers wurde Benjamin 1939 für drei Monate mit anderen deutschen Flüchtlingen in einem Sammellager interniert. Im September 1940 unternahm er den vergeblichen Versuch, über die Grenze nach Spanien zu gelangen. Um seiner bevorstehenden Auslieferung an Deutschland zu entgehen, nahm er sich das Leben.
Inhaltsangabe
Aus dem Inhalt: Briefe 1938-1940
Nachträge Korrekturen Editorische Nachbemerkung Abkürzungen Verzeichnis der Briefempfänger Register Gesamtregister
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Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Eigentlich ist all das schon bekannt. Der Rezensentin wenigstens. Was der sechste und letzte Band der "Gesammelten Briefe" Walter Benjamins an Neuem, das heißt nicht bereits in die "Schriften"- Kommentare Aufgenommenem, zu bieten hat, schreibt Momme Brodersen, beschränke sich auf einige, immerhin "tiefe" Einblicke in Benjamins Pariser Zeit. Wer aber die Kommentare bisher verschmäht hat, auch das lässt Brodersen durchblicken, der stößt hier womöglich auf Dokumente, die sein bisheriges Bild von diesem wohl bedeutendsten deutschen Kritiker des 20. Jahrhunderts über den Haufen zu werfen geeignet sind. So zeigen die Briefe nicht nur einen alerten Zeitzeugen, der die welthistorischen Ereignisse seiner Tage zu kommentieren weiß, sondern lassen darüber hinaus Benjamins vermeintliche kommunistische Sympathien als rein taktische erscheinen - eines Menschen, "der sich sein Urteilsvermögen durch nichts und niemanden vernebeln lassen hat". Zusammen mit den Pariser Reflexionen sollte das die knapp hundert Mark für den Band wert sein, bedeutet uns die Rezensentin.