Das Bild Russlands wird weithin von Klischees bestimmt. Heiko Haumann unternimmt es, seine Fragestellungen nicht an Vorurteilen, sondern an der Eigenart Russlands auszurichten. In seiner 'Geschichte Russlands' stehen die Menschen und ihre Lebenswelten im Mittelpunkt. Von ihnen aus, ihrem Alltag, ihrem Denken, Fühlen und Handeln, das exemplarisch vergegenwärtigt wird, entfaltet er in kurzen Kapiteln die verschiedenen kulturellen Formen, sozialen Gliederungen, wirtschaftlichen Bedingungen und Herrschaftsverhältnisse. Die Darstellung vereint spannend geschriebene Erzählung mit wissenschaftlicher Analyse.Das Buch gliedert sich in drei grosse Teile: Von den Anfängen der Geschichte bis zur Ausbreitung der Leibeigenschaft - Die Autokratie zwischen Erstarrung und Reform - Das Jahrhundert der Revolutionen. Ein Ausblick widmet sich dem mühsamen Neuanfang nach der Auflösung der Sowjetunion 1991. Die Vielschichtigkeit und Einflüsse der Erfahrungen und Initiativen, der Entwicklungen und Strukturen, der sozialen Bewegungen, Lebensformen und Wertvorstellungen werden ebenso deutlich wie die Spannungen zwischen Zentralismus und Dezentralisierung, zwischen Stadt und Land, zwischen Selbstverwaltung und Alleinherrschaft. So entsteht ein anschauliches Bild des Landes mit seinen zahlreichen Völkern, seinem unterschiedlichen territorialen Umfang und den verschiedenartigen staatlichen Ausprägungen, das nicht nur die Grundlagen des notwendigen Wissens vermittelt, sondern auch zur Überprüfung unserer Einstellungen auffordert und neugierig darauf macht, sich weiter in die Geschichte zu vertiefen.Heiko Haumanns 'Geschichte Russlands' ist erstmals 1996 erschienen. Für die Neuausgabe hat er nicht nur den jüngsten Forschungsstand eingearbeitet, sondern die lebensweltliche Orientierung noch klarer herausgestellt. Auf diese Weise wird das Buch zu einer fesselnden Lektüre.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Auf die ewige Frage, wer das Subjekt der russischen Geschichte sei, antworten neuere historiografische Darstellungen nicht mehr, wie früher "Der Zar", sondern "Der einzelne Mensch", bemerkt der Rezensent Ulrich M. Schmid. Bei Heiko Haumanns "Geschichte Russlands", erklärt der Rezensent, handelt es sich um die revidierte und erweiterte Fassung der "maßgeblichen" ersten Ausgabe von 1996, die schon damals die "lebensweltliche Perspektive" in den Vordergrund der historiografischen Darstellung rückte. Neu hinzugefügt seien Kapitel etwa über "das Phänomen des Gottesnarren", oder über den kulturellen Konflikt zwischen Tschuktschen und Sowjetmacht. Haumann gelingt es, so der rundum zufriedene Rezensent, "das Exemplarische im Besonderen aufzudecken" und eine "übergreifende Darstellung" der russischen Geschichte zu liefern, "in der das Gegenwärtige als Gewordenes erkennbar wird".
© Perlentaucher Medien GmbH
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