Die kleine Tochter der alleinerziehenden Lehrerin Moriguchi ist im Schulschwimmbad ertrunken; ein tragischer Unfall, wie es scheint. Wenige Wochen später kündigt Moriguchi ihre Stelle an der Schule, doch zuvor will sie ihrer Klasse noch eine letzte Lektion mit auf den Weg geben. Denn sie weiß, dass ihre Schüler Schuld am Tod ihrer Tochter haben. Mit einer erschütternden Offenbarung setzt sie unter ihnen ein tödliches Drama um Schuld und Rache, um Gewalt und Wahnsinn in Gang, an dessen Ende keiner - weder Kind noch Erwachsener - ungeschoren davonkommt.
Mit immenser Sogwirkung und einem unbestechlichen Blick auf die menschlichen Abgründe erzählt die ehemalige Lehrerin Kanae Minato eine faszinierend-verstörende Geschichte voller unerwarteter Wendungen. Ein packender Roman, dessen Stimmen den Leser noch lange begleiten.
Mit immenser Sogwirkung und einem unbestechlichen Blick auf die menschlichen Abgründe erzählt die ehemalige Lehrerin Kanae Minato eine faszinierend-verstörende Geschichte voller unerwarteter Wendungen. Ein packender Roman, dessen Stimmen den Leser noch lange begleiten.
buecher-magazin.deSchon im ersten Kapitel erfährt man, wer schuld daran ist, dass ein vierjähriges Mädchen im Schulschwimmbad ertrank. Die junge Lehrerin Moriguchi, dessen Mutter, klagt an ihrem letzten Schultag zwei ihrer Schüler an und stellt klar, dass sie die Strafe selbst in die Hand nimmt: Sie hat die Schulmilch der beiden mit dem HIV-Virus infiziert. Ihre Rache verändert das Leben aller Beteiligten in eiskalter Konsequenz. Aus der Sicht einiger Schüler, der Schuldigen selbst und ihrer Verwandten wird die Hexenjagd, die längst begonnen hatte, immer neu und immer anders erzählt und fast unerträgliche Spannung baut sich auf. Alle haben etwas zu gestehen: "Man braucht jemanden, den man an den Pranger stellen kann", schreibt eine Schülerin, bevor sie sich zu ihrem Hass auf einen Lehrer bekennt, und Naoki, einer der beiden Täter, suhlt sich im Hass auf seine Mutter, die ihn an ihr Wunschbild anpassen wollte, um jeden Preis. Facettenreich beleuchtet die Autorin die Lieblosigkeit und Kälte in den Familien, den Druck des Schulsystems und malt ein düsteres Bild der japanischen Gesellschaft. Weit weg von uns?! Dafür hallt eine Frage von Naokis Schwester zu lange nach: "Was hat aus uns so gestörte Menschen gemacht?"
© BÜCHERmagazin, Lore Kleinert
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.2017Die Rache der Lehrerin
Kanae Minato leuchtet in ein mörderisches Netzwerk
Die Erzählung beginnt harmlos. Eine Lehrerin, Yuko Moriguchi, erzählt ihren heranwachsenden Schülern, dass sie die Schule verlassen wird. Am Ende ihrer Ansprache lässt sie die Bombe platzen: Ihre Tochter, vier Jahre alt, ist von zwei Jungen aus der Klasse ermordet worden. 13 Jahre sind sie alt, narzisstisch, skrupellos und Einzelgänger. Das jugendliche Alter der Mörder spielt eine große Rolle in diesem Krimi um Rache und Vergeltung, um Schuld und Sühne. Strafmündig ist man auch in Japan erst ab 14. Die Lehrerin enttarnt die Mörder, aber sie hat die Polizei nicht informiert, "weil ich der Justiz nicht zutraue, sie angemessen zu bestrafen". Das übernimmt sie selbst.
Von Anfang an ist bekannt, wer die Mörder sind. Und doch schafft es die Autorin Kanae Minato in ihrem 2008 in Japan erschienenen Erstling, eine Spannung aufzubauen, die ihresgleichen sucht. Subtil bösartig steigert sich Moriguchis Rachefeldzug von Szene zu Szene. Die Lehrerin, eine der Mütter, die ihren Sohn verhätschelt, eine Schwester, eine Mitschülerin, die Mörder selbst - die verschiedenen Erzählperspektiven verdichten sich zu einem mörderischen Netzwerk rund um den erbarmungslosen Leistungsdruck in der japanischen Gesellschaft, um die Kälte und Selbstbezogenheit nicht nur der Jugendlichen. Bei aller moralischen Zwiespältigkeit übt Kanae Minato mit ihrem Buch auch eine sehr konservative Kritik an der modernen liberalen Gesellschaft und dem grassierenden Narzissmus. Die beiden Jungen, die unbestreitbar die Mörder der Tochter sind, sind auch beschädigte Jugendliche. Bei aller Abscheu über ihr Verhalten erwecken sie bisweilen sogar Mitleid.
"Geständnisse" ist ein schwarzes, ein böses Buch. Es bietet Einblicke in das Japan von heute. Oder ist das Land, das diese Autorin zeigt, gar nicht Japan? Das Buch fesselt seine westlichen Leser nicht bloß durch die Exotik einer fernen Welt. Es fesselt durch den erschreckenden Blick in die Abgründe, die in uns allen lauern.
cag
Kanae Minato:
"Geständnisse".
Roman.
Deutsch von Sabine Lohmann. C. Bertelsmann Verlag, München 2017. 272 S., geb., 16,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kanae Minato leuchtet in ein mörderisches Netzwerk
Die Erzählung beginnt harmlos. Eine Lehrerin, Yuko Moriguchi, erzählt ihren heranwachsenden Schülern, dass sie die Schule verlassen wird. Am Ende ihrer Ansprache lässt sie die Bombe platzen: Ihre Tochter, vier Jahre alt, ist von zwei Jungen aus der Klasse ermordet worden. 13 Jahre sind sie alt, narzisstisch, skrupellos und Einzelgänger. Das jugendliche Alter der Mörder spielt eine große Rolle in diesem Krimi um Rache und Vergeltung, um Schuld und Sühne. Strafmündig ist man auch in Japan erst ab 14. Die Lehrerin enttarnt die Mörder, aber sie hat die Polizei nicht informiert, "weil ich der Justiz nicht zutraue, sie angemessen zu bestrafen". Das übernimmt sie selbst.
Von Anfang an ist bekannt, wer die Mörder sind. Und doch schafft es die Autorin Kanae Minato in ihrem 2008 in Japan erschienenen Erstling, eine Spannung aufzubauen, die ihresgleichen sucht. Subtil bösartig steigert sich Moriguchis Rachefeldzug von Szene zu Szene. Die Lehrerin, eine der Mütter, die ihren Sohn verhätschelt, eine Schwester, eine Mitschülerin, die Mörder selbst - die verschiedenen Erzählperspektiven verdichten sich zu einem mörderischen Netzwerk rund um den erbarmungslosen Leistungsdruck in der japanischen Gesellschaft, um die Kälte und Selbstbezogenheit nicht nur der Jugendlichen. Bei aller moralischen Zwiespältigkeit übt Kanae Minato mit ihrem Buch auch eine sehr konservative Kritik an der modernen liberalen Gesellschaft und dem grassierenden Narzissmus. Die beiden Jungen, die unbestreitbar die Mörder der Tochter sind, sind auch beschädigte Jugendliche. Bei aller Abscheu über ihr Verhalten erwecken sie bisweilen sogar Mitleid.
"Geständnisse" ist ein schwarzes, ein böses Buch. Es bietet Einblicke in das Japan von heute. Oder ist das Land, das diese Autorin zeigt, gar nicht Japan? Das Buch fesselt seine westlichen Leser nicht bloß durch die Exotik einer fernen Welt. Es fesselt durch den erschreckenden Blick in die Abgründe, die in uns allen lauern.
cag
Kanae Minato:
"Geständnisse".
Roman.
Deutsch von Sabine Lohmann. C. Bertelsmann Verlag, München 2017. 272 S., geb., 16,99 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Elmar Krekeler bedankt sich ganz herzlich beim Krimigott für dieses schöne, böse Buch . Er ist geradezu hingerissen von der erzählerischen Kaltherzigkeit, mit der ihm Kanae Minato diese Geschichte präsentiert, die ebenso gut aus dem Horrorkabinett wie aus dem Tagebuch einer Helikoptermutter stammen könnte. Minato erzählt in ihrem Roman, der in Japan vor zehn Jahren erschien und dort auch längst verfilmt wurde, von dem Tod eines kleines Mädchens, an dem sich ganz zwei Schüler der Mutter schuldig gemacht haben. Was für Abgründe sich im ganz normalen Leben ehrgeiziger Mittelschichten auftun, das lässt den Rezensenten benommen und begeistert zurück.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Der Thriller 'Geständnisse' der japanischen Autorin Kanae Minato dreht sich um einen Mord an einer Vierjährigen und gehört zum Subtilsten, was ich seit langem gelesen habe. Dieses Buch über den Ursprung des Bösen in uns liefert sowohl Spannung als auch Innenansichten aus einem faszinierenden Land." Denis Scheck in ARD "druckfrisch"
»Minato beschreibt in 'Geständnisse' mit entomologischer Präzision den Prozess einer gnadenlosen Rache.« Süddeutsche Zeitung