Eine transnationale Diskursgeschichte des völkerstrafrechtlichen Umgangs mit staatlich organisierter Gewalt im 20. Jahrhundert.Mit dem Aufkommen des modernen Kriegsvölkerrechts im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts veränderte sich der Blick auf die verschiedenen Erscheinungsformen staatlich organisierter Gewalt. Am Beispiel politischer, rechtlicher und wissenschaftlicher Debatten um deutsche (Massen-)Gewalt, die über ein knappes Jahrhundert und in verschiedenen zeitlichen und räumlichen Zusammenhängen beleuchtet werden, geht Annette Weinke dem sich wandelnden Charakter des humanitären Völkerrechts nach und fragt nach den Verschränkungen von historischer Erfahrung, Historiographie, Recht und (Moral-)Politik. Ihre Untersuchung betritt historisches Neuland, indem sie erstmals die wirklichkeitskonstituierenden Wirkungen des Völkerstrafrechts und der Menschenrechte in eine längere zeitliche Perspektive rückt. Im Fokus stehen dabei deutsche Völkerrechtsverstöße im Ersten Weltkrieg, die nationalsozialistischen Massenverbrechen und der Holocaust sowie das Systemunrecht der DDR.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Die Wandlungen des Völkerstrafrechts in Deutschland lernt Miloš Vec bei Annette Weinke in einer gelungenen Zusammenschau historiografischer und juristischer Deutungen von Völkerrechtsverbrechen kennen. Dass Weinke den Fokus nicht auf eine Ereignisgeschichte deutscher Staatsverbrechen legt, sondern auf die auf gedrucktem Material basierende Analyse des Diskurses um ihre Aufarbeitung, scheint Vec nachvollziehbar. Wie um Täter- und Opferbilder gestritten wurde, davon kann ihm die Autorin mit ihrem "insistierenden" Blick auf den Konnex zwischen Völkerstrafrecht und Geschichtsdiskurs einen Eindruck vermitteln. Beobachtungen zur Rolle nichtstaatlicher Akteure ergänzen das Bild für Vec und verdeutlichen die zögerliche Hinwendung Deutschlands zum Völkerstrafrecht am Beispiel der Nürnberger Prozesse oder anhand der Debatten um das SED-Unrecht. Für Vec ein Musterbeispiel einer Kulturgeschichte des Rechts.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»ein Standardwerk« (Anselm Doering-Manteuffel, H-Soz-Kult, 28.07.2016) »Die aktuelle Arbeit stellt für die rechtshistorische Forschung einen erheblichen Gewinn dar.« (Werner Augustinovic, Zeitschrift Integrativer Europäischer Rechtsgeschichte, Band 6, 2016) »eine instruktive und sehr lesenswerte, die Literatur souverän verarbeitende Untersuchung« (Ilko-Sascha Kowalczyuk, Das Historisch-Politische Buch, 2/2017)
