Inspector Gowda, Mordermittler in Indiens drittgrößter Stadt Bangalore, soll die vermisste Tochter seiner Haushaltshilfe suchen. Zugleich verlangt ein komplizierter Mordfall seine ganze Aufmerksamkeit: In einer gut bewachten Gated Community wurde ein reicher Anwalt erschlagen. Beide Aufgaben sind ihm wichtig, für beide braucht er reichlich Vitamin B. Inspector Gowda hadert täglich mit seiner Ohnmacht im Großen und seiner Inkonsequenz im Kleinen - wie dem Umstand, dass er seine Ehefrau betrügt, seiner Geliebten nicht gerecht wird, seinem Sohn entfremdet ist. Aber wenn es ums Ermitteln geht, macht Borei Gowda keinerlei Kompromisse ...Für »Gewaltkette« recherchierte Anita Nair zwei Jahre lang und arbeitete bei der Sozialarbeits-NGO BOSCO mit, was zu den härtesten Erfahrungen ihres Lebens beitrug. Nair packt mit ausgefuchsten Genre-Mitteln und starker, eindringlicher Prosa ein schreckliches Thema an - Kinder als Ware. Trotz tiefster Empathie bleibt ihre Schilderung konkreter Gewalt stets zurückhaltend, frei von Voyeurismus und Pathos. Das ist große Literatur, sinnlich und düster, ganz dicht am realen Leben, voll erzählerischer Wucht: Verwoben mit der Ermittlung rücken faszinierende Handlungsstränge ins Bild, Facetten einer hochmodernen, aber kolonial tradierten, auf ethnischen und Kastenvorurteilen aufgebauten Gesellschaft mit krassen Hierarchien, zutiefst patriarchalen Normen und blühendem Raubtierkapitalismus: das urbane Indien heute.
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© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Den Typus des knurrigen Ermittlers mit ungesunden Trinkgewohnheiten kennt Sofia Glasl aus Malmö oder Edinburgh, auch das Plotting erscheint ihr recht klassisch angelegt. Doch was Anita Nair in ihrem Krimi aus Bangalore über das indische Silicon Valley, erzählt, hat die Rezensentin so noch nicht gelesen: Inspektor Borei Gowda muss in einem dichten Netz von Menschenhandel ermitteln. Junge Mädchen werden verschleppt, um entweder an Bordelle und Erskort-Agenturen verkauft zu werden. Nair lässt sie Wort zu kommen, und schafft so ein beklemmendes Porträt der indischen Gesellschaft, die ihren neuen Reichtum nutzt, um Sklaven zu produzieren, wie Glasl erschüttert feststellt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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