Hans-Peter de Lorent befasst sich in seinem, wie er ihn nennt, Tatsachenroman mit einer Person, die stets im Schatten einer anderen steht, Dr. Werner Naumann. Er steht stets im Schatten von Propagandaminister Joseph Goebbels. Allerdings lässt der Titel, wenn man das Buch gelesen hat, auch die
Interpretation zu, Naumann wäre so etwas wie die graue Eminenz, eine Art Schattenminister, hinter Goebbels…mehrHans-Peter de Lorent befasst sich in seinem, wie er ihn nennt, Tatsachenroman mit einer Person, die stets im Schatten einer anderen steht, Dr. Werner Naumann. Er steht stets im Schatten von Propagandaminister Joseph Goebbels. Allerdings lässt der Titel, wenn man das Buch gelesen hat, auch die Interpretation zu, Naumann wäre so etwas wie die graue Eminenz, eine Art Schattenminister, hinter Goebbels gewesen. Immerhin ist er von Adolf Hitler, wenige Stunden vor dessen Selbstmord, mit der Aufgabe betraut worden, das NS-Gedankengut zu bewahren und auch in der Zukunft hochzuhalten.
Das Buch lässt uns in die letzten Tage von Hitler, Goebbels & Co eintauchen, die sich im Führerbunker, in dem von der sowjetischen Armee bereits eingekesselten Berlin, der Realität eines verlorenen Krieges verschließen und letztlcih Selbstmord begehen. Nach Hitlers Tod gelingt es Naumann auf abenteuerlichen Wegen aus Berlin zu entkommen. Dabei hilft ihm das Netzwerk, das er vorsorgliche (?) gesponnen hat. Er lebt zunächst unerkannt und unter falschem Namen, hält sich von seiner Familie fern, legt die Gesellenprüfung zum Maurer ab und gibt die Tarnung erst 1949 auf. Gemeinsam mit anderen Gesinnungsgenossen, die in diversen Nachfolgeparteien der NSADP versammelt sind, versucht man die aktuelle Regierung unter Konrad Adenauer zu unterwandern.
„Ich bekenne mich zu einer Idee, nicht weil sie erfolgreich ist, sondern weil sie richtig ist! Wichtig ist, dass sie wahr ist, die ganze Weite unserer Seele erfasst hat! (S. 440)
1953 fliegt die Verschwörung auf. Naumann wird verhaftet, im abschließenden Entnazifizierungsprozess als Täter eingestuft, verliert deswegen das aktive und passive Wahlrecht, seinen Job und ist für die Ewiggestrigen wertlos. Man lässt ihn fallen und muss Harald Quandt, den Sohn von Magda Goebbels aus der Ehe mit Günther Quandt um einen Job anbetteln.
Seinen letzten Auftrag, den er im Führerbunker erhalten hat, kann er nicht ausführen.
Meine Meinung:
Hans-Peter de Lorent gelingt es sehr gut Fakten mit Fiktion zu verknüpfen. Grundsätzlich habe ich nicht allzu viel Neues erfahren. Vor allem über die Person Werner Naumann nicht. Möglicherweise sind Dokumente und Akten mit einem Sperrvermerk versehen und daher öffentlich noch nicht zugänglich.
Zu Beginn erhalten wir Einblick in den Führerbunker und parallel dazu durch Rückblicke, Einblick in die Biografie von Werner Naumann.
Interessant ist, dass er sich, obwohl er quasi ein Überlebender des (sogenannten) Röhm-Putsches von 1934 ist, sich wieder auf eine Verschwörung eingelassen hat. Entkommen ist er der Säuberungsaktion in der SA nur deshalb, weil Heinrich Himmler ihn geschützt hat. Dass Naumann dann in das Propagandaministerium zu Joseph Goebbels, Himmlers Intimfeind wechselt, ist ebenso ein Anachronismus, dass er, groß gewachsen und blond, nun einem Mann unterstellt ist, der dem nordischen Typ so überhaupt nicht entspricht.
Der ehemalige britische Diplomat und Hohe Kommissar Sir Ivone Kirkpatrick hat 1953 den richtigen Riecher bewiesen, als er Werner Naumann & Co verhaften hat lassen, um eine Kandidatur Naumanns bei den Allgemeinen Wahlen im Herbst 1953 zu verhindern.
Kirkpatricks hellsichtige Mahnung von 1953:
„Es wäre töricht anzunehmen, dass der Nazismus unter keinen Umständen, und auch nicht in anderer Form, im modernen Deutschland wieder erstehen könnte.“
Fazit:
Das Buch ist penibel recherchiert geschrieben und gekonnt erzählt - eine gelungene Mischung aus Sachlichkeit und Belletristik. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.