Schicksalstage
Mit ihrem historischen Roman “Goldene Zeiten: Die Münchner Ärztinnen” hat die bekannte Autorin Ina Bach den zweiten Teil der Saga über drei Frauen vorgelegt, die alles daran setzen, an der Münchner Universität Medizin studieren zu dürfen. Schon das gelungene und stilvolle Cover
zeigt, dass der Roman an der Wende zum zwanzigsten Jahrhundert ansetzt und rückt gleichzeitig die Frauen…mehrSchicksalstage
Mit ihrem historischen Roman “Goldene Zeiten: Die Münchner Ärztinnen” hat die bekannte Autorin Ina Bach den zweiten Teil der Saga über drei Frauen vorgelegt, die alles daran setzen, an der Münchner Universität Medizin studieren zu dürfen. Schon das gelungene und stilvolle Cover zeigt, dass der Roman an der Wende zum zwanzigsten Jahrhundert ansetzt und rückt gleichzeitig die Frauen als Protagonistinnen eines in Wandlung begriffenen Frauenbildes in den Mittelpunkt.
Die einzelnen Kapitel sind mit genauen Orts- und Zeitangaben versehen und im Epilog legt die Autorin dar, was historische Fakten sind und was Fiktion ist.
Fünf Frauen, fünf Schicksale:
Die fünf Hauptfiguren des Buches haben einen sehr unterschiedlichen sozialen Hintergrund:
Lulu und Ida sind Töchter von renommierten Ärzten, doch nur die unkonventionelle Lulu möchte unbedingt Medizin studieren. Idas Wünsche entsprechen dem Ideal der Zeit, einen Ehemann zu finden und eine Familie zu gründen. Doch auch Ida hat ein Talent, denn sie ist modisch sehr begabt. Elsa, die als Wärterin im Kinderkrankenhaus arbeitet, ist Arzttochter, doch die Mutter weigert sich, ihren Wunsch nach einem Studium zu unterstützen. Elsa hat viel durchgemacht, denn sie sucht nach ihrer verschwundenen Tochter. Auch hat sie die Hoffnung auf ein Medizinstudium schon aufgegeben. Nicht so Fanny, die sich sogar als ihr Zwillingsbruder verkleidet, um zur Universität gehen zu können. Die fünfte Freundin, Änni, ist Schauspielerin mit zweifelhaftem Ruf, die sich aber noch als treue Helferin der anderen Frauen erweisen wird.
Schwierig gestaltet sich auch das Gefühls- und Liebesleben der Freundinnen, einerseits geprägt durch die moralischen Dogmen der damaligen Zeit, andererseits getrieben vom Wunsch nach freier Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und der eigenen Wünsche.
Lulu fährt begeistert Fahrrad, eine damals völlig neue Sportart, die auch Frauen ein bisschen Mobilität und Unabhängigkeit ermöglichte. Sie hat ihr Herz an einen der ersten Radprofis verloren. Fanny, die Geldprobleme hat, besucht immer wieder einen Galan, den ihr Änni, die selbst käuflich ist, zugeführt hat. Erst spät wird Fanny erkennen, woher das Geld stammt, das sie dort verdient, denn der Mann hat an ihrer Weiblichkeit kein Interesse. Elsa ist auf Grund furchtbarer Erfahrungen in ihrem Vorleben mit Bekanntschaften sehr vorsichtig. Nur zögerlich eröffnet sie ihren Freundinnen, wer wirklich der Vater ihrer kleinen Tochter Tilda ist.
Auch die wirtschaftlichen Gegebenheiten und sportlichen Ereignisse sind in die Geschichte eingebettet, wie beispielsweise die erste Tour de France oder die Anfänge des FC Bayern. Und wer möchte, kann sogar mit einem damals beliebten Getränk, dem Alabazam, anstoßen, denn das Rezept findet sich ebenfalls im Buch. So entsteht ein sehr klares Bild einer längst vergangenen Epoche und die Lesenden fühlen sich dadurch direkt in die Geschichte hineingezogen. Die sympathischen, hartnäckigen und klugen Frauenfiguren tun ihr Übriges, damit man Anteil an ihrem Schicksal nimmt und ihr Leben gespannt weiter verfolgt.
In ihrem Roman “Goldene Zeiten: Die Münchner Ärztinnen” hat Ina Bach ein historisch getreues Sitten- und Gesellschaftsbild der Zeit um das Jahr 1900 gezeichnet. Im Königreich Bayern waren Frauen nicht zur Immatrikulation zugelassen und die Freundinnen hatten einen harten Kampf mit vielen Rückschlägen auszufechten, um ihr Ziel zu erreichen. Authentisch wird die Rolle der Frau in der damaligen Zeit beschrieben, gekennzeichnet von männlicher Herablassung, Schikane und oft bitterster Armut, die die Frauen sogar in die Prostitution trieb.
Ich habe dieses mitreißend erzählte Buch mit Interesse gelesen, besonders gut gefallen hat mir die historische Authentizität, sowohl was die sozialen Verhältnisse als auch den damaligen Stand der medizinischen Wissenschaft betrifft. Angenehm fand ich auch, dass das Wissen nahtlos in die Geschichte eingewoben ist und nicht aufdringlich präsentiert wird. Den Epilog, die Quellenangaben und die historischen Fakten möchte ich hier besonders loben. Daher von mir eine absolute Leseempfehlung und verdiente fünf Sterne.