George Steiners neues Buch handelt von der Idee der Schöpfung, wie sie sich in der westlichen Kultur von der Bibel über Literatur und Kunst bis in die Philosophie und die Wissenschaftsgeschichte verbreitet hat. Und es zeigt, daß vom 20. Jahrhundert, mit seinem Glauben an Wissenschaft und Technik, keine Antworten mehr auf die großen Fragen der Moral, der Politik und der Ästhetik zu erwarten sind. Eine Entwicklung, die in ihren Konsequenzen - laut Steiner - ungeheure Verluste in Kauf nimmt.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Als "bewusst altmodischen Kopf" bezeichnet Martin Meyer den Philosophen und Literaturwissenschaftler George Steiner, der gegen das Vergessen und Verschwinden unseres kulturellen Erbes polemisiert, für Meyer jedoch durchblicken lässt, dass er auch um die Vergeblichkeit seines Zeterns weiß. "Schöpfung" sei nicht im religiösen Sinn gemeint, erläutert Meyer den Titel von Steiners Buch, sondern bedeute den schöpferisch-künstlerischen Akt, durch den sich der Mensch zur Welt verhält. Die "Grammatik" wäre demnach die Summe aller möglichen Entwürfe von der Welt. Aber nicht alle Entwürfe halten Stand vor Steiners kritischen Augen. Mit der spätmodernen Ästhetik tue sich der Autor schwer, meint Meyer, ihm liege mehr an einer "Liaison mit dem Göttlichen". Ein spannendes Buch, findet der Rezensent, zuweilen etwas unsystematisch, mitunter forciert, im Detail strittig und ganz bestimmt mit einer Überdosis an "name-dropping" belastet; aber, so Meyer, dafür glänzt und besticht das Buch durch seine Beobachtungen am Rande.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"George Steiners Aufruf der Kunst und ihren zeitaufhebenden Perspektiven einen neuen Anfang zuzutrauen, ist letztlich ein Mißtrauensantrag gegen die Alleinherrschaft der Mechanik: "Ein Kobold von dämonischer Trivialität wohnt dem imperialen Regime der Naturwissenschaften inne." Zugleich ist sie ein Schlag ins Gesicht einer Spaßkultur, deren Züge mittlerweile zur Fratze der Jämmerlichkeit erstarrt sind." Oliver vom Hove, Die Presse, 23.02.02
