Handgranate oder Zeichenstift - Etzemüller, Thomas
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Für viele Historikerinnen und Historiker ist der Begriff »Moderne« weitgehend unbestimmt. Viele Bücher konzentrieren sich auf das, was bis 1945 katastrophal verlaufen ist: kollabierende Demokratien, Kriege, Holocaust und Stalinismus. Doch einige der europäischen Demokratien, die mit Ende des Ersten Weltkrieges begründet wurden, haben sich gegen totalitäre Anfechtungen als resistent erwiesen.
Schon früh haben Zygmunt Bauman oder Detlev Peukert darauf verwiesen, dass in der Rationalität der Moderne Fortschritt und Massenvernichtung zugleich angelegt sind. Thomas Etzemüller pointiert die…mehr

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Produktbeschreibung
Für viele Historikerinnen und Historiker ist der Begriff »Moderne« weitgehend unbestimmt. Viele Bücher konzentrieren sich auf das, was bis 1945 katastrophal verlaufen ist: kollabierende Demokratien, Kriege, Holocaust und Stalinismus. Doch einige der europäischen Demokratien, die mit Ende des Ersten Weltkrieges begründet wurden, haben sich gegen totalitäre Anfechtungen als resistent erwiesen.

Schon früh haben Zygmunt Bauman oder Detlev Peukert darauf verwiesen, dass in der Rationalität der Moderne Fortschritt und Massenvernichtung zugleich angelegt sind. Thomas Etzemüller pointiert die Geschichte der Moderne als wahrhaft ambivalente Geschichte: Während die einen der Männlichkeit und dem Kampf huldigten, bauten anderswo »Sozialingenieure« Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser. Sie wollten die Menschen anleiten, sich zu aufgeklärten, rationalen »neuen Menschen« zu erziehen. Aber auch das hatte eine andere Seite, denn rigide Exklusion ist Teil dieser Geschichte.

Dieses Buch erzählt nicht nur von einer komplexen Epoche, es ist auch ein wehmütiger Kommentar zur Gegenwart: Den multiplen Krisen konnte man im 20. Jahrhundert durchaus zivilisiert beikommen; Demokratien können ausgreifende Krisen bewältigen.
Autorenporträt
Thomas Etzemüller ist Professor für Europäische Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte der Moderne an der Universität Oldenburg.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Einen starken Essay legt Thomas Etzemüller Rezensent Nils Schniederjann zufolge hier vor. Der Historiker Etzemüller setzt sich mit den Sozialreformern des 20. Jahrhunderts auseinander und zeigt auf, dass das vergangene Säkulum nicht nur von der brutalisierten Ordnungspolitik autoritärer Systeme, sondern auch von sanfteren Methoden gesellschaftlicher Lenkung geprägt war. In Skandinavien etwa hatten diese Bewegungen auch nachhaltigen Erfolg, lernt Schniederjann. Wobei Etzemüller keineswegs vorhabe, diese Politik des Zeichenstifts - anstelle der Handgranate - zu idealisieren, tatsächlich führe die apolitische Natur vieler dieser sozialen Reformbewegungen dazu, dass sie anschlussfähig waren für inhumane Praktiken wie Zwangssterilisierung an Sonderschülerinnen in Schweden (bis 1976 im Gesetz verankert.) In diesem Sinne entwirft Etzemüller, freut sich der Rezensent, eine auch für gegenwärtige Debatten instruktive Perspektive auf ambivalente Entwicklungstendenzen der Moderne.

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