'Wir möchten euch Musik und Mathematik erzählen: das Schönste nach der Liebe, das Schwerste nach der Treue.' Diese beiden Worte, Musik und Mathematik, stehen für die Wurzeln von Kunst und Wissen: musikè, die Lust des Singens, Tanzens, Spielens heisst nach der Muse, die im Herzen alles aufbewahrt und daher davon sagen kann. Musik macht also nach, was Musen tun, seit sie auf ihrem Götterberg mit allem Singen angehoben haben. Aus fast dem selben Ursprung stammt mathesis, das Lehren im allgemeinen, und Mathematik, das Denken über Zahlen im besonderen. Bei Homer heisst mathein nämlich noch nicht zählen oder rechnen, wie Aristoteles gelehrt hat, mathôn nennt vielmehr ein dunkles Wissen, das Helden erst nach Jahrzehnten des Erfahrens in Fleisch und Blut gegangen ist. Unter den wenigen Reimen, die in Griechenohren widerhallten, blieb der alte Spruch von pathein/mathein, leiden und lernen unverloren. Friedrich Kittlers aufmerksamste Lektüren folgen also erst Odysseus und den Sirenen, denen er eine - gemessen an Horkheimer und Adorno - atemberaubende Neudeutung widmet, um in Band I/2 nach Aphrodite Eros in den Sphärenharmonien Platons und im Spiel von lógos und phonè bei Aristoteles zu begegnen.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
"Ratlosigkeit" befällt Christian Schüle bei der Lektüre von Friedrich Kittlers Gedanken zum Zusammenhang von "Musik und Mathematik". Kittler, den Schüle als "Textweber" charakterisiert, arbeite an nichts weniger als einer "radikalen Revision der Zivilisationsmythologie", wenn er die Schöpfung Europas in der musikalischen Sphäre verortet. Der Rezensent hatte allerdings seine Schwierigkeiten mit Kittlers Argumentation und seufzt: "Warhnehmbare Auf- und Ableitungen sind Kittlers Sache nicht." Am Ende bleibt Schüle nichts übrig, als auf die nächsten Bände zu hoffen, von denen er sich "Muße, Trost und Rat" verspricht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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