Im März 1925 schreibt Mia Hesse, die erste Ehefrau Hesses und Mutter seiner drei Söhne, an eine Freundin: »Ich fühle mich nicht mehr mit ihm verbunden. Ich könnte nie mehr mich seiner Überlegenheit fügen. Das ist vorbei, denn er kann mir nur noch als Dichter etwas geben.« Da war Hermann Hesse bereits seit zehn Monate mit der 20 Jahre jüngeren Sängerin Ruth Wenger verheiratet, von der er sich 1927 scheiden ließ, um vier Jahre darauf die 19 Jahre jüngere Ninon Dolbin-Ausländer zu heiraten.Man kennt ihn, den Dichter Hermann Hesse. Sein Werk: in aller Welt. Über seine Frauen weiß man wenig. Nur eine seiner Frauen, Ruth Wenger, hat fast ein halbes Jahrhundert nach der Scheidung, auf wenigen Seiten ihre Erinnerungen notiert - verbittert darüber, »daß die Bedeutung, die ich in Hermann Hesses Leben hatte, in allen Biographien verschwiegen, verwischt, tot geschwiegen wurde.«Gestützt auf Dokumente aus dem Nachlaß, darunter zahlreiche unveröffentlichte Briefe, richtet Bärbel Reetz ihren Blick auf Hermann Hesses Frauen, die Fotografin Maria Bernouilli, die Sängerin Ruth Wenger und die Kunsthistorikerin Ninon Dolbin-Ausländer. Der Band enthält zahlreiche, bisher unveröffentlichte Abbildungen.Drei Ehen, zwei Scheidungen, drei Schicksale. Indem Bärbel Reetz die Porträts dreier ungewöhnlicher Frauen zeichnet, macht sie auch neue, bisher wenig beachtete Facetten der Persönlichkeit Hesses sichtbar.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Unter den Biografien, die zu Hermann Hesses fünfzigstem Todestag erschienen sind, befindet sich auch "Hesses Frauen", die den Schwerpunkt auf die Liebesbeziehungen des Schriftstellers legt. Diese Schwerpunktsetzung wundert Christian Schärf zwar nicht, wirklich glücklich ist er aber nicht mit Bärbel Reetz' Buch. Die Autorin beschreibe, wie es kommen konnte, dass ein "unbeugsamer Verächter der Ehe" gleich dreimal heiratete: Maria Bernoulli, Ruth Wenger und Ninon Dolbin. Dabei komme der Familienmensch Hesse nicht gut weg - zurecht, wie Schärf findet. Dem Rezensenten greift Reetz' Ansatz, Hesses Werke ausschließlich durch sein Liebesleben zu interpretieren, allerdings entschieden zu kurz. Durch die eindimensionale Betrachtungsweise werde Hesse auf einen "nervenkranken Familienphobiker" reduziert, urteilt Schärf.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der Stil dieser Dokumentation von Bärbel Reetz, der sich durch klug gewählte oft knappe Schnitte zwischen Zeugnis, Bericht und Kommentierung auszeichnet, lässt den Leser das Changement Hesses zwischen Lebenskrisen und >ihre literarischen Metamorphosen< stimmig und auf sehr lebendige Weise nachvollziehen.«







