Deutschland, 1918. Ende des Ersten Weltkriegs, Revolution, Sieg der Demokratie. Zugleich beginnt ein Siegeszug befreiter Lebensweisen. Alles soll von Grund auf anders werden: die «Neue Frau», der «Neue Mann», «Neues Wohnen», «Neues Denken». Als es Mitte der Zwanziger auch wirtschaftlich aufwärtsgeht, wird Deutschland ein anderes Land. Frauen erobern die Rennpisten und Tennisplätze, gehen abends alleine aus, schneiden sich die Haare kurz. Unisex kommt in Mode, Androgynes und Experimentelles. Jähner erzählt von der Erfindung der Freizeit, von Boxhallen und Tanzpalästen, und von den Hotspots der Neuen Zeit, vom Warenhaus als Glücksversprechen oder der Straße als Ort erbitterter Kämpfe. So vieles wirkt heute verblüffend modern. Die Vorliebe für Ironie, das Gradlinige und Direkte. Aber auch die Angst vor der «Entwertung aller Werte», der Herrschaft des Billigen. Ein großer Teil der Deutschen fand sich im Aufbruch nicht wieder. Als das Geld knapper wurde und die Zukunft düsterer, offenbarte sich die tiefe Spaltung der Gesellschaft und die Unfähigkeit, sie auszuhalten.
Harald Jähner liefert eine Gesamtschau dieser so pulsierenden, reichen Zeit - und zeichnet das Bild eines zerrissenen Landes voll gewaltiger und erschreckender Energien. Es ist uns irritierend ähnlich und - hoffentlich - doch ganz anders.
Harald Jähner liefert eine Gesamtschau dieser so pulsierenden, reichen Zeit - und zeichnet das Bild eines zerrissenen Landes voll gewaltiger und erschreckender Energien. Es ist uns irritierend ähnlich und - hoffentlich - doch ganz anders.
Stil, Blick und subtiler Witz: Kristallklare Essays über Autorendasein und Fotografie, Wahrnehmung und die beste Form - wie macht er das nur? Alexander ; Ulrich ; Iris ; Elke Camman ; Greiner ; Radisch ; Schmitter Die Zeit 20221117
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Der hier rezensierende Verleger Klaus Bittermann hat von Harald Jähner viel über die Seele der Weimarer Republik gelernt. Dass der Journalist auch ein "großartiger Geschichtenerzähler" ist, hat er Bittermann bereits in seinem Buch "Wolfszeit" bewiesen und das rundet nun die Lektüre über die Zeit zwischen 1918 und 1933 für den Rezensenten ab. Wieder wählte Jähner das Stilmittel des "Wimmelbildes", um mit kleinen Geschichten über die große Historie zu berichten und durchforstete abermals die Archive von Zeitungen, lesen wir. Was er dort fand, hat eine enorme atmosphärische Gegenwärtigkeit, lobt der Rezensent, denn genau die fehle in den herkömmlichen Geschichtsbüchern. Bittermann beeindruckt, was für ein Zeitgemälde Jähner aus Kleinanzeigen entwickelt und damalige Leitartikel blass aussehen lässt. Das einzige Manko dieses Buches über Schicksale in der bitteren inflationären Zeit, in der auf dem Vulkan getanzt wurde, ist für ihn, dass man irgendwann auf der letzten Seite ankommt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»[Frank Arnold] [erweckt] Jähners Gesamtschau über die bewegte Epoche kraftvoll zum Leben.« Anna Joisten DAMALS 20230901







