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Quo Vadis, Ben Hur, Gladiator: Wie viel Realität steckt in Hollywoods "Sandalenfilmen"? Anhand vieler Beispiele werden Realität und Fiktion anschaulich verglichen und erklärt. Dabei haben Filme wie "Spartacus" oder "Die letzten Tage von Pompeji" das populäre Bild von der römischen Antike weit mehr geprägt als die traditionellen Quellen zur alten Geschichte. Was jedoch den Realitätsgehalt dieser Filme angeht, so spielt der aktuelle Forschungsstand oftmals eine geringere Rolle als technische Sachzwänge, künstlerisches Stilwollen und nicht zuletzt die Erwartungshaltung des Publikums. Alle Aspekte…mehr

Produktbeschreibung
Quo Vadis, Ben Hur, Gladiator: Wie viel Realität steckt in Hollywoods "Sandalenfilmen"? Anhand vieler Beispiele werden Realität und Fiktion anschaulich verglichen und erklärt.
Dabei haben Filme wie "Spartacus" oder "Die letzten Tage von Pompeji" das populäre Bild von der römischen Antike weit mehr geprägt als die traditionellen Quellen zur alten Geschichte. Was jedoch den Realitätsgehalt dieser Filme angeht, so spielt der aktuelle Forschungsstand oftmals eine geringere Rolle als technische Sachzwänge, künstlerisches Stilwollen und nicht zuletzt die Erwartungshaltung des Publikums. Alle Aspekte analysiert der Autor anhand zahlreicher Filmbeispiele aus einem Dreivierteljahrhundert Filmgeschichte.
Autorenporträt
Dr. Marcus Junkelmann MA, geb. 1949 in München, Studium der Alten, Mittleren und Neuen Geschichte sowie der Anglistik an der Universität München. Mitarbeiter an zahlreichen Ausstellungen und Dokumentarfilmen, Lehraufträge an der Universität München und an der Bundeswehruniversität München. Autor von zahlreichen Sachbüchern überwiegend zu Themen der Militärgeschichte und der Experimentalarchäologie.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.04.2004

Kleopatra kolossal zwischen Quelle und Klamotte
Marcus Junkelmann schaut sich Hollywoods blühende Träume vom alten Rom an

Ridley Scotts Film "Gladiator" lockte vor vier Jahren die Besucher in so großer Zahl in die Kinos, daß gleich mehrere Filmproduzenten bei ihrer stets paradoxen Suche nach neuen Ideen, die zugleich kalkulierbaren Erfolg verheißen, wieder auf die Antike zurückgegriffen haben. Die beiden aktuellen Großprojekte versprechen durch die Wahl des Themas spannende Antworten auf die alte Frage, wie das Bedürfnis nach stimmigen und sinnhaften Geschichten mit dem vom Historismus ererbten Imperativ der Authentizität zusammenpaßt, der die Differenz zu Filmen wie "Der Herr der Ringe" bildet.

Mit "Troja" hat sich Wolfgang Petersen einen mythischen Stoff ausgesucht und damit Freiheit gewonnen. Wohl nur Manfred Korfmann und seine Jünger, die dem positivistischen Köhlerglauben anhängen, Homer sei nur dann groß, wenn der Krieg der "Ilias" mit exakter Wissenschaftlichkeit als historisch erwiesen werden könne, werden sich daran stören, daß die imaginierte Welt, in der Brad Pitt als Achill seine Schlachten schlägt, von der minoischen Säule bis zur attischen Triëre alles beherbergt, was griechisch aussieht. Vom anderen Ende her kommt "Alexander der Große". Hier basiert das Drehbuch auf der Biographie des Historikers Robin Lane Fox, welche die zeitgenössischen mythischen Aufhöhungen dieses märchenhaften Lebens mit Recht für einen untrennbaren Bestandteil der historischen Figur hält und sie deshalb erzählt. Eine echte Premiere und hoffentlich Ausdruck einer neuen Ernsthaftigkeit: Der Gelehrte ohne Berührungsangst ist am Drehort präsent; er spielt im Film sogar eine kleine Rolle.

Daß es zuvor meist anders zuging, zeigt der von Marcus Junkelmann abgedruckte Bericht einer renommierten Altertumswissenschaftlerin von der Harvard-Universität, die am Ende des langen Abspanns von "Gladiator", wenn die meisten Zuschauer den Kinosaal verlassen haben, als Beraterin genannt wird. Kommentare zu verschiedenen Drehbuchfassungen waren gewünscht, auch Auskünfte zu Details der Ausstattung. Das Leid des historischen Beraters besteht darin, daß er es nicht mit Dilettanten zu tun hat, sondern "mit sehr talentierten Profis", deren Prioritäten aber andere sind als die seinen.

Junkelmanns stattliches, gut gegliedertes Buch will keine ambitionierte Gesamtschau eines Jahrhunderts von Römern im Kino sein, obwohl eine solche interdisziplinär angelegte Synthese ein Desiderat darstellt - es gibt sie auch in englischer Sprache nicht. Doch findet der Leser eine Fülle aufschlußreicher, oft amüsanter Details ausgebreitet, und der Autor integriert seine weitgespannten Kenntnisse der filmwissenschaftlichen Literatur geschickt in die lebendig geschriebene Darstellung, wobei indes die unterschiedlichen theoretischen Positionen der Zitatgeber salop ignoriert werden und Siegfried Kracauers Kritik am Historienfilm mit allzu leichter Hand beiseitegeschoben wird. Die Bebilderung ist fast immer eng mit dem Text verknüpft und ermöglicht kluge Beobachtungen, etwa zur Bedeutung der Besetzung mit profilierten Stars: Wenn der arrogante Machtmensch Crassus in Stanley Kubricks "Spartacus" von Sir Laurence Olivier verkörpert wird, verschmelzen dessen britische Distinktion und Ausstrahlung mit der Figur zum Bild eines imperialen Römers aus alter Zeit. Daß Elizabeth Taylor und Richard Burton als reales Liebes- und Skandalpaar "Kleopatra" geradezu erschlagen haben, kann als bekannt vorausgesetzt werden.

Die Achse des Werkes ergibt sich aus seiner Genese. Junkelmann hatte die Forschung zum römischen Gladiatorenwesen aufgearbeitet und durch Experimente mit nachgebauten Waffen und Ausrüstungen Fragen geklärt und irrige Ansichten widerlegt ("Das Spiel mit dem Tod. So kämpften Roms Gladiatoren", Verlag Philip von Zabern 2001). So bekommt "Gladiator" im neuen Buch, in dem nur fünf, sechs Filme ausführlicher behandelt werden, den breitesten Raum. Scotts Film aktualisiert, ja radikalisiert für Junkelmann einen Befund, der jedem Kenner der Antike auffällt, wenn alle Jahre wieder zu Ostern oder Weihnachten "Quo Vadis", "Ben Hur", "Kleopatra" oder "Spartacus" im Fernsehen gezeigt werden: Es agieren historische Figuren in einer zeitlich genau bestimmten Epoche; über beide kann man einiges sagen, was halbwegs gesichert und mitunter interessanter als jede Fiktion ist, und doch ist in den Filmen vieles, manchmal alles falsch. Fast immer schadete die aufgepfropfte Liebesgeschichte.

Die Römer- und Römer-Christen-Epen amerikanischer Prägung verfehlen den Anspruch des Historikers; sie geben zuwenig und zuviel, weil sie einerseits die politischen, moralischen und religiösen Konflikte simplifizieren und psychologisieren sowie andererseits eine Illusion schaffen müssen, die sich an den Sehgewohnheiten des Publikums zu orientieren hat. Obwohl Junkelmann sich nicht enthalten konnte, den Filmemachern ihre Fehler und freischwebenden Fiktionen gegen die historische und antiquarische Korrektheit vorzurechnen, lebt sein Buch von der aufklärerischen Hoffnung, Historiker und Filmleute zusammenzubringen. In der Tat: Beider Geschäft ist die Rekonstruktion, nur die Kreativität entfaltet sich anders. Gegen das Axiom des Filmmoguls Darryl F. Zanuck, es gebe "nichts Langweiligeres auf der Leinwand, als genau zu sein, aber nicht dramatisch", setzt er die Überzeugung, Geschichte müsse nicht aufbereitet und verfälscht, sondern gut verfilmt werden, zumal meist die Realität die besten Drehbücher schreibe.

Junkelmann kennt die Marktgesetze des Blockbuster-Kinos und weiß, daß ein Historiker in diesem teuren Schnellrestaurant nicht einmal als Kellner eingestellt wird. Sein Plädoyer steht und fällt daher mit der Plausibilität der Überzeugung, das Publikum wünsche, Geschichte authentisch und "richtig" präsentiert zu bekommen. Was aber "das Publikum" will, ist die Blackbox des Massenkinos, seit es dieses gibt, und noch immer spielt die objektive Wahrheit der Kinokasse allen Marketingstrategen öfter einen Streich. Was mächtige Produzenten einst vom Publikum dachten, manifestierte sich am deutlichsten in den Kürzungen, die vor allem "Kleopatra" und "Spartacus" hinzunehmen hatten; heute kann man das an historisch hanebüchenen und dramaturgisch unsinnigen TV-Produktionen wie Uli Edels "Julius Caesar" und Roger Youngs "Augustus" ablesen.

Spannend ist Junkelmanns Archäologie des Genres, das er aus der Historienmalerei und dem Geschichtsroman des neunzehnten Jahrhunderts ableitet. Beide standen nicht in Opposition zur historistischen Geschichtsschreibung, die einerseits ihren wissenschaftlichen Anspruch, objektives und damit höherwertiges Wissen zu generieren, durch Quellenkritik und Genauigkeit im faktischen Detail zu begründen suchte, andererseits historische Erkenntnis erst im völligen Eintauchen in die Geschichte vollendet sah - Barthold Georg Niebuhr, der erste große Historiker Roms in jener Zeit, sprach von einem vollständigen Gemälde und lebendiger Vergegenwärtigung. Hinzu kamen Individualität, Psychologie, romantische Liebe und die Bewegung durch das Große, ja Kolossale - fertig war die Matrix für Filme, die technisch und organisatorisch Pionierleistungen darstellten, ideologisch und ästhetisch aber Epigonen waren.

Den Fesseln der dramaturgischen und visuellen Konventionen zu entkommen vermochten am Ende auch nicht die inhaltlich innovativen, vor allem auf Christentum-Kitsch verzichtenden Filme der frühen sechziger Jahre. "Kleopatra" und "Spartacus" scheiterten deshalb, aber auch aus anderen Gründen, ebenso Anthony Manns "Der Untergang des Römischen Reiches", dessen Mißerfolg an den Kassen 1964 die Ära der antiken Stoffe vorläufig beendete. Das Irrewerden einer Weltmacht an sich und ihrem Fortbestand verlangte andere Bilder und Geschichten, als die schwerfällige, dämmrige Übersetzung der ersten Kapitel von Gibbons Jahrhundertbuch sie zu bieten vermochte.

Wie politische Botschaften und Subtexte von zufälligen personellen Konstellationen bei der Produktion abhängen können, wird an "Spartacus" gezeigt. Der Film hätte interessanter werden können, wenn Kubrick seine Idee, auch Arthur Koestlers kommunismuskritischen Roman "Die Gladiatoren" für das Drehbuch zu verwerten, hätte verwirklichen können. Daran gehindert, sabotierte der Regisseur den Film, indem er das Leben der Sklaven in Freiheit als eine Schmonzette inszenierte. So spielt Rom, obwohl der Schurkenstaat, auch hier den interessanteren Part: Während die Sklaven in ein Paradies zu fliehen suchen, führen Crassus (Olivier) und Gracchus (Charles Laughton) als Proponenten von Reich und Republik einen politischen Diskurs um Freiheit und Macht. Das ambivalente Verhältnis der Amerikaner zur imperialen Größe Roms (F.A.Z. vom 10. September 2003) kam allen antiken Filmgeschichten auf verschiedene Weise zugute.

Am Ende demonstriert Junkelmann - unfreiwillig? - die Suggestivkraft der autonomen Bilder- und Sinnmaschine Kino: Der "grandiose unhistorische Schluß" von "Gladiator" mache klar, daß dieser Film nicht von realen Ereignissen und Individuen handele, sondern von "archetypischen Personifikationen der dunklen und der lichten Idee von Rom". Sind damit aber nicht auch die Beanstandungen, die der Autor zusammengetragen hat, mit einem Federstrich dementiert?

UWE WALTER

Marcus Junkelmann: "Hollywoods Traum von Rom". ,Gladiator' und die Tradition des Monumentalfilms. Philip von Zabern Verlag, Mainz 2004. 462 S., 207 Farb- u. S/W-Abb., geb., 59,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In einer breit angelegten Kritik bespricht Uwe Walter Marcus Junkelmanns Studie zum amerikanischen Antikenfilm. Eine "ambitionierte Gesamtschau" von hundert Jahren Historienfilm will dieses Buch zwar nicht sein, baut der Rezensent allzu hohen Erwartungen vor. Stattdessen hat Junkelmann an die sechs Hollywood-Filme "ausführlicher" behandelt, erklärt Walter, der in der Studie jede Menge "aufschlussreicher, oft amüsanter Details" gefunden hat. Er lobt den Autor nachdrücklich für seine "lebendige" Schreibweise und attestiert ihm "weitgespannte Kenntnisse" der Filmwissenschaft. Dazu führen die vielen Illustrationen des Bandes zu "klugen Beobachtungen" durch den Autor und sind stets eng mit dem Text verbunden, so der Rezensent sehr angetan. Als besonders "spannend" hebt Walter die von Junkelmann dargestellte Entwicklung des Filmgenres aus der Historienmalerei und dem historischen Roman hervor. Am ausführlichsten behandelt das vorliegende Buch den Film "Gladiator" von Ridley Scott, informiert der Rezensenten, den das deshalb nicht verwundert, weil er weiß, dass Junkelmann eine Studie über die Waffen und die Kampfpraktiken der Gladiatoren im alten Rom veröffentlicht hat und somit als Kenner des Gladiatorenwesens gelten kann. Der Rezensent macht als Intention dieses Buches die "aufklärerische Hoffnung" aus, dass Historiker und Filmregisseure enger zusammenarbeiten sollten, um Fehler zu vermeiden und statt Verfälschungen der Antike "gute" Filme zu machen.

© Perlentaucher Medien GmbH
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