Das Buch beschäftigt sich mit dem wohl traurigsten Kapital der alpenländischen Geschichte. Etwa ab dem Jahr 1620 bis Anfang des 20. Jahrhunderts, vereinzelt sogar bis nach dem Zweiten Weltkrieg, verließen alljährlich Hunderte von Kindern im Frühjahr ihre Heimat in Tirol, Vorarlberg und Graubünden,
um sich den Sommer über in Oberschwaben als Hütekinder oder Hausmägde zu verdingen. Oft waren die…mehrDas Buch beschäftigt sich mit dem wohl traurigsten Kapital der alpenländischen Geschichte. Etwa ab dem Jahr 1620 bis Anfang des 20. Jahrhunderts, vereinzelt sogar bis nach dem Zweiten Weltkrieg, verließen alljährlich Hunderte von Kindern im Frühjahr ihre Heimat in Tirol, Vorarlberg und Graubünden, um sich den Sommer über in Oberschwaben als Hütekinder oder Hausmägde zu verdingen. Oft waren die Kinder kaum älter als fünf oder sechs Jahre. Den beschwerlichen, oft schneereichen Weg von ihrem Heimathof über die Berge zu den Kindermärkten gingen sie zu Fuß, selten mit dem geeigneten Schuhwerk, schützender Kleidung und ausreichend Nahrung. Der Grund für diesen "Hungerweg": Die meist kinderreichen und bitterarmen Familien waren nicht in der Lage, von dem kleinen Ertrag der Berghöfe alle Esser am Tisch satt zu bekommen.
"Hungerweg" ist eigentlich ein Jugendbuch, eignet sich aber auch sehr gut für Erwachsene. In dem Buch beschreibt Othmar Franz Lang den langen anstrengenden Weg der Kinder vom oberen Vinschgau (heute Südtirol) nach Ravensburg. Not und Elend der Kinder und ihrer Familien sind eindringlich geschildert, ebenso die Sommermonate, die die Kinder bei den reichen Bauern Oberschwabens als Knechte und Mägde verbringen. Sebastian, Burgl und Schorsch haben Glück mit ihren Bauernfamilien, anderen Kindern erging es oft nicht so gut.
Was das Buch auszeichnet, sind die sozialkritischen Gedanken, die der Autor Pfarrer Schwingshackl, der die Kinder auf ihrem Weg begleitet, und anderen Menschen in den Mund legt. Und Auszüge aus offiziellen Papieren, die beweisen, dass man Jahrhunderte lang bis in die höchsten politischen und kirchlichen Ebenen lieber wegschaute, als sich der Misere anzunehmen. Das Fatalste: Die "Schwabenkinder" versäumten von März bis Ende November die Schule, was sie in der Regel von einer Berufsausbildung ausschloss, so dass es für sie keinen Weg aus dem Elend und der Armut gab.