Die junge Algerierin Aube hat den Bürgerkrieg der 1990er-Jahre selbst miterlebt, davon zeugt nicht zuletzt die Narbe, die ihren Hals wie ein Lächeln umspannt. Beim Überfall auf ihr Dorf hatten Islamisten versucht, ihr die Kehle durchzuschneiden, doch allein ihre Stimmbänder wurden erfasst. Nicht nur die fehlende Stimme bringt Aube nun zum Schweigen, sondern auch die staatlichen Gesetze, die verbieten, an den damaligen Bürgerkrieg zu erinnern. Ihr Schmerz und ihre Auflehnung dringen nicht nach außen. Einzig an die Tochter, die in ihrem Inneren heranwächst, kann Aube ihre Worte richten. Denn die geheime Schwangerschaft konfrontiert die junge Algerierin mit Fragen über die furchtbare Vergangenheit und eine düstere Zukunft: Hat sie das Recht, ihr Kind zu behalten? Kann sie Leben schenken, wenn es ihr selbst fast entrissen wurde? Aube kehrt zurück in ihr Heimatdorf, wo alles begann, und sucht Antworten bei den Toten.
Mit Huris gibt Kamel Daoud algerischen Frauen das Wort und stellt sich gegen das noch immer verordnete Vergessen des Bürgerkriegs und seiner Schrecken. Eine ziselierte Erzählung mit ebenso poetischer wie politischer Kraft.
Mit Huris gibt Kamel Daoud algerischen Frauen das Wort und stellt sich gegen das noch immer verordnete Vergessen des Bürgerkriegs und seiner Schrecken. Eine ziselierte Erzählung mit ebenso poetischer wie politischer Kraft.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Eine starke Ich-Erzählerin gibt es in diesem Roman des algerischen Schriftsteller Kamel Daoud, den Rezensentin Katharina Teutsch in Paris zum Gespräch getroffen hat. Es sind nämlich, das wird in Daouds Geschichte deutlich, vor allem die Frauen, die unter dem islamistischen Regime in Algerien leiden, gegen das der Schriftsteller anschreibt. Die Protagonistin ist eine Frau aus Oran, der als Kind während des algerischen Bürgerkrieges von Islamisten die Kehle durchgeschnitten wurde - sie überlebte, muss aber fortan durch eine Kanüle atmen und kann nicht sprechen. Das algerische Regime verbietet es per Gesetz über den Bürgerkrieg zu sprechen oder zu schreiben, was auch der Grund ist, warum Daoud nicht in seine Heimat zurückkehren kann, erklärt die Kritikerin. Die Täter von damals wurden nie verfolgt, erzählt Daoud ihr außerdem, eine Aufarbeitung der traumatischen Ereignisse gab es nicht. Genau das versucht nun die Heldin des Romans, indem sie an den Ort des Verbrechens zurückkehrt und nicht nur vom Krieg, sondern auch von sich selbst erzählt. Das ist ein starkes Buch, geprägt von der rhetorischen Brillanz seines Schöpfers, so das Fazit, und darüber hinaus ein hochpolitisches Ereignis.
© Perlentaucher Medien GmbH
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