Sie macht sich auf in die Stadt, nach Berlin, aber sie ist nicht allein, sie hat ihre Kindheit bei sich, im Kopf, in den Erinnerungen, im flatternden Herzen. Es ist das Dorf, das sie nicht vergessen wird, niemals, die Straße, auf der sie mit der Mutter gehen musste, der Teich, an dem sie mit dem Vater saß, das Haus. Und es ist der Bruder, der engste Vertraute und Komplize ihrer frühen Jahre, mit dem sie den Sinn für Licht, Grün und Wolken teilte und mit dem sie einen Pakt geschlossen und den sie doch zurückgelassen hat. Dies ist ein Buch über den Versuch eines Neubeginns, der nicht leicht fällt, wenn das, was hinter einem liegt, fast alles hatte von dem, was man als Leben kennengelernt hat. Mit großer sprachlicher Intensität erzählt Julia Blesken in ihrem Debüt von Kinderglück und Verlorenheit, Verrat und Aufbruch, Fragilität und Mut, entwirft so eine Welt an der Schnittstelle: einprägsam und unverwechselbar.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In den besten Momenten hat sich tatsächlich der Lauf der Geschichte in dieses Debüt von Julia Blesken gezwängt, meint Rezensentin Anja Hirsch, die sehr beeindruckt wirkt, wenn auch nicht ganz hundertprozentig überzeugt. Meist erscheint ihr diese Erzählung, die von einer Familie im Osten erzählt, die es vor und nach der Wende gleichermaßen schlecht getroffen hat, "stimmungsstark", wenn Illusion und Realität sich ineinanderfügen. Sehr suggestiv erzählt Blesken dann von einer depressiven Mutter, die statt als Pianistin als Melkerin arbeitet, von einem Bruder, der statt in die FDJ Karpfenfischen geht und einem Vater, der meint, heute wie in der DDR außen vor zu bleiben, "nur dass es heute niemanden mehr stört". Doch oft übertreibe die Autorin ihre sprachliche Artistik, variiere über jedes einzelnes Augenpaar ("hechtgrau", "meergrün") und verspiele damit Überzeugungskraft.
© Perlentaucher Medien GmbH
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