Für John von Düffel gleicht der Schwimmer, der aus dem Wasser steigt, einem Schläfer, der aus einem Traum erwacht. Die Kulturgeschichte des Schwimmens, die Charles Sprawson geschrieben hat, verfolgt diesen Traum durch die Menschheitsgeschichte.
Der Autor verbrachte seine Kindheit in Indien, wo er im unterirdischen Gewölbe eines Prinzenpalastes das Schwimmen lernte - zwischen Säulen, deren Sockel im geheimnisvollen Dunkel des Wassers verschwanden. Das Schwimmen wurde ihm zu einer Leidenschaft.
Ich nehme Dich auf meinen Rücken, vermähle Dich dem Ozean - die Worte des Meeresgottes Proteus in Goethes Faust II sind eine Einladung, das geheimnisvolle und widersprüchliche Wesen des Schwimmers zu ergründen.
Charles Sprawson erzählt von Nymphen und Najaden im klassischen Griechenland, führt uns nach Rom, in die Hauptstadt der Aquakultur, wo die Architekten des Wassers eine einzigartige Brunnen- und Bäderlandschaft errichteten - bis ins Mittelalter, als das Christentum begann, Blöße und Sinnlichkeit zu verteufeln. Fischer und Seeleute lernten zu beten, doch die Kunst des Schwimmens blieb ihnen über Jahrhunderte suspekt. Im 19. Jahrhundert schließlich wurde die Bewegung im Wasser von Abenteurern, Exzentrikern und englischen Aristokraten neu entdeckt. Die Romantiker erlagen dem Zauber der Meere, reißender Flüsse und verwunschener Waldseen. Lord Byron sah den Ozean als alten Freund, der junge Goethe zelebrierte das Schwimmen als Revolte; im Wasser fand der Sturm und Drang seine Befreiung von der Starre und Enge der bürgerlichen Welt.
Der Autor verbrachte seine Kindheit in Indien, wo er im unterirdischen Gewölbe eines Prinzenpalastes das Schwimmen lernte - zwischen Säulen, deren Sockel im geheimnisvollen Dunkel des Wassers verschwanden. Das Schwimmen wurde ihm zu einer Leidenschaft.
Ich nehme Dich auf meinen Rücken, vermähle Dich dem Ozean - die Worte des Meeresgottes Proteus in Goethes Faust II sind eine Einladung, das geheimnisvolle und widersprüchliche Wesen des Schwimmers zu ergründen.
Charles Sprawson erzählt von Nymphen und Najaden im klassischen Griechenland, führt uns nach Rom, in die Hauptstadt der Aquakultur, wo die Architekten des Wassers eine einzigartige Brunnen- und Bäderlandschaft errichteten - bis ins Mittelalter, als das Christentum begann, Blöße und Sinnlichkeit zu verteufeln. Fischer und Seeleute lernten zu beten, doch die Kunst des Schwimmens blieb ihnen über Jahrhunderte suspekt. Im 19. Jahrhundert schließlich wurde die Bewegung im Wasser von Abenteurern, Exzentrikern und englischen Aristokraten neu entdeckt. Die Romantiker erlagen dem Zauber der Meere, reißender Flüsse und verwunschener Waldseen. Lord Byron sah den Ozean als alten Freund, der junge Goethe zelebrierte das Schwimmen als Revolte; im Wasser fand der Sturm und Drang seine Befreiung von der Starre und Enge der bürgerlichen Welt.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
In Charles Sprawsons "Kulturgeschichte des Schwimmens" erfährt man laut Ansicht Katharina Hackers so gut wie alles über das Schwimmen. Zum Beispiel, dass das Schwimmen bei Römern und Griechen zur "lustvollen Bildung" gehörte und man im alten Rom dem Ungebildeten nachsagte, "er könne weder lesen noch schwimmen." Erst nach langer "christlicher Unterbrechung" wurde das Schwimmen von reisenden Engländern im 18. Jahrhundert wiederbelebt, und übte alsbald großen Einfluss auf Literatur und Kunst aus, referiert Hackers. Auch erfahre der Leser die Bedeutung des Schwimmens für den Dichter Goethe. Zum Bedauern der Rezensentin mäandert das Buch allerdings zwischen vielen Anekdoten und Darstellungen hin und her, so dass der Leser bisweilen die Orientierung verliere. Ertrinken werde der Leser zwischen der Darstellung japanischer Schwimmgeschichte und der dichterischen Bearbeitung des Elements Wasser indes nicht. "Allenfalls", schließt Hacker, "wird er über die naive Darstellung Riefenstahlscher Kunstideen oder manche Redundanz den Kopf schütteln."
© Perlentaucher Medien GmbH
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Durst nach Bewegung
Den Grundstein für diese Wassergeschichte legte der Autor in seiner vierjährigen trockenen Zeit in der arabischen Dürre. Er hatte als Dozent gearbeitet, von Wasser war nichts zu sehen und schon gar nichts zu spüren. So las er Bücher und wurde zum leidenschaftlichen Wassersucher in Literatur und Kunst. "Aus jeder Zeile", so schreibt der Herausgeber, "spricht der Durst des Schwimmers nach der Bewegung, die es ihm ermöglicht, im Wasser zu sein".
Im nassen Element
Den Griechen war das nasse Element nicht nur Mythos, sondern zugleich Einklang von Geist und Körper, für die Römer dagegen eine technische Herausforderung. Sie legten Leitungen, bauten Brunnen und Bäder. Das hohe Lied auf das Wasser sangen Viele. Flüsse, Seen und Meere regten die Phantasie an, es entstanden Mythen, Sagen, Dichtungen. Die großen Geister waren leidenschaftliche, fast süchtige Schwimmer. Vom Russen Alexander Puschkin wird berichtet, dass ein ausgedehntes Schwimmen im Dnjepr mit einer heftigen Fieberattacke endete. Dem englischen Dichter Lord Byron vertrieb die intensive Bewegung im Wasser die "sehnsuchtsvolle Leere", für ihn war der Ozean ein "alter Bekannter".
Der Fürst im Nil
Die Sinnlichkeit des Schwimmens war der Kirche suspekt. Es spielte als Teufelswerk vor allem im Mittelalter keine Rolle im Leben der Menschen. Die Wiederbelebung, so schreibt Charles Sprawson, ging im 18. und 19. Jahrhundert von den Engländern aus und war fortan nicht mehr aufzuhalten. Und er fand bei seinen Bücherstudien in der Wüste treffliche Stellen. So schwamm Fürst Pückler, ein deutscher Exot und genialer Gartenbaumeister, mit Begeisterung im Nil, während seine Diener mit ihren Rudern aufs Wasser schlugen, um die Krokodile fernzuhalten.
(Mathias Voigt, literaturtest.de)
Den Grundstein für diese Wassergeschichte legte der Autor in seiner vierjährigen trockenen Zeit in der arabischen Dürre. Er hatte als Dozent gearbeitet, von Wasser war nichts zu sehen und schon gar nichts zu spüren. So las er Bücher und wurde zum leidenschaftlichen Wassersucher in Literatur und Kunst. "Aus jeder Zeile", so schreibt der Herausgeber, "spricht der Durst des Schwimmers nach der Bewegung, die es ihm ermöglicht, im Wasser zu sein".
Im nassen Element
Den Griechen war das nasse Element nicht nur Mythos, sondern zugleich Einklang von Geist und Körper, für die Römer dagegen eine technische Herausforderung. Sie legten Leitungen, bauten Brunnen und Bäder. Das hohe Lied auf das Wasser sangen Viele. Flüsse, Seen und Meere regten die Phantasie an, es entstanden Mythen, Sagen, Dichtungen. Die großen Geister waren leidenschaftliche, fast süchtige Schwimmer. Vom Russen Alexander Puschkin wird berichtet, dass ein ausgedehntes Schwimmen im Dnjepr mit einer heftigen Fieberattacke endete. Dem englischen Dichter Lord Byron vertrieb die intensive Bewegung im Wasser die "sehnsuchtsvolle Leere", für ihn war der Ozean ein "alter Bekannter".
Der Fürst im Nil
Die Sinnlichkeit des Schwimmens war der Kirche suspekt. Es spielte als Teufelswerk vor allem im Mittelalter keine Rolle im Leben der Menschen. Die Wiederbelebung, so schreibt Charles Sprawson, ging im 18. und 19. Jahrhundert von den Engländern aus und war fortan nicht mehr aufzuhalten. Und er fand bei seinen Bücherstudien in der Wüste treffliche Stellen. So schwamm Fürst Pückler, ein deutscher Exot und genialer Gartenbaumeister, mit Begeisterung im Nil, während seine Diener mit ihren Rudern aufs Wasser schlugen, um die Krokodile fernzuhalten.
(Mathias Voigt, literaturtest.de)
