Dorothy Thompson traf Adolf Hitler im Berliner Hotel Kaiserhof zum Interview. Ihr Buch "I Saw Hitler!" erschien 1932, kurz vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten, und führte dazu, dass die Korrespondentin als erste ausländische Journalistin aus Nazi-Deutschland ausgewiesen wurde. »Ich traf Hitler!« ist Porträt und Psychogramm, Reportage und Essay in einem. Die amerikanische Beobachterin entwirft eine Theorie des Populismus, die heute von großer Aktualität ist. Sie analysiert Hitlers Propaganda und die Psychologie des »kleinen Mannes«, der sich in ihm wiedererkannte und seinen Aufstieg…mehr
Dorothy Thompson traf Adolf Hitler im Berliner Hotel Kaiserhof zum Interview. Ihr Buch "I Saw Hitler!" erschien 1932, kurz vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten, und führte dazu, dass die Korrespondentin als erste ausländische Journalistin aus Nazi-Deutschland ausgewiesen wurde. »Ich traf Hitler!« ist Porträt und Psychogramm, Reportage und Essay in einem. Die amerikanische Beobachterin entwirft eine Theorie des Populismus, die heute von großer Aktualität ist. Sie analysiert Hitlers Propaganda und die Psychologie des »kleinen Mannes«, der sich in ihm wiedererkannte und seinen Aufstieg ermöglichte. Sie erfasst die Minderwertigkeitsgefühle eines »Mobs von Kleinbürgern« und seinen tiefverwurzelten Judenhass, aber auch die Beihilfe der Hohenzollern, die Verbindung mit den Konservativen und die Verantwortung des Auslands. Dorothy Thompson beschreibt eine Situation, in der Demokratien scheitern und Wahlen eine Diktatur herbeiführen können. »Ich traf Hitler!« erscheint hier erstmals in vollständiger deutscher Übersetzung, zusammen mit den 40 historischen Abbildungen der englischen Erstausgabe, herausgegeben und mit einem umfangreichen Nachwort versehen von Prof. Oliver Lubrich (Universität Bern).
Dorothy Thompson (1893-1961) war eine Pionierin des US-amerikanischen Journalismus. Mit 26 Jahren ging sie nach Europa, um als Reporterin von der zionistischen Bewegung und vom irischen Unabhängigkeitskampf zu berichten. Sie interviewte Leo Trotzki, Kemal Atatürk und Sigmund Freud. Als erste Frau wurde sie Korrespondentin in Wien und anschließend in Berlin. Dort gelang es ihr, einen Termin mit Adolf Hitler zu bekommen, von dem sie in ihrem Buch 'Ich traf Hitler!' (1932) berichtet. Hier portraitiert sie den künftigen Diktator, und sie analysiert die Sozialpsychologie seiner Anhänger. Wegen ihrer kritischen Berichterstattung wurde sie 1934 spektakulär aus Deutschland ausgewiesen. In den USA avancierte Thompson zur Star-Kolumnistin, die eindringlich vor der Gefahr des Faschismus warnte. Während des Krieges wandte sie sich im Radio an Hörer in Deutschland. Das Time Magazine erklärte Thompson zur einflussreichsten Frau in den USA - neben der Gattin des Präsidenten. In dem Film 'Woman of the Year' (1942) verkörpert Katharine Hepburn eine Figur nach ihrem Vorbild. Verheiratet war Dorothy Thompson mit Sinclair Lewis, dem ersten US-amerikanischen Nobelpreisträger für Literatur. Ihr Buch über Hitler und seine Anhänger ist eine hochaktuelle Studie zum Rechtspopulismus.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mit angehaltenem Atem liest Rezensentin Sonja Asal dieses Stück der legendären Reporterin Dorothy Thompson, deren Interviews mit Aristide Briand, Kemal Atatürk und Leo Trotzki ein Album der Weltgeschichte ergäben. Für die amerikanische Zeitschrift Cosmopolitan hat sie 1932 auch Adolf Hitler getroffen, und ihre Beschreibung fasziniert die Rezensentin, gerade weil sich die Reporterin so in Hitler irrte. Denn Thompson, Ehefrau übrigens des Schriftstellers Sinclair Lewis, war sich des politischen Übels der Nazis durchaus bewusst, sie konnte allerdings nach der persönlichen Begegnung mit Hitler nicht glauben, dass von dieser "verblüffend bedeutungslosen" Gestalt echte Gefahr ausging. Wie sie Hitlers knorpelige, un-arische Figur beschreibt, sein belangloses und redseliges Wesen, findet Asal schon treffend, zumal die Reporterin doch auch den eigentümlichen Glanz seiner Augen bemerkt - typisch für "Genies, Alkoholiker und Hysteriker". Auch das Nachwort des Herausgebers Oliver Lubrich lobt die Rezensentin als erhellend.