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Wer sich vom Machtsinn treiben läßt, muß an seine Unersetzlichkeit glauben. Den freiwilligen Rückzug darf es nicht geben, denn der käme dem Eingeständnis der eigenen Austauschbarkeit gleich. Kein deutscher Bundeskanzler ist aus freien Stücken aus dem Amt geschieden. Bei Monarchen ist eine lange Regierungszeit Anlaß für Dankgottesdienste; in der Demokratie wird die Erfolgsserie irgendwann zum Argument für einen Wechsel. Läßt die Volksherrschaft dem großen Mann keinen Spielraum? Gern würde man in großen Politikern den Ausnahmemenschen sehen. Aber er steht ein für die Normalität. Das Einmalige…mehr

Produktbeschreibung
Wer sich vom Machtsinn treiben läßt, muß an seine Unersetzlichkeit glauben. Den freiwilligen Rückzug darf es nicht geben, denn der käme dem Eingeständnis der eigenen Austauschbarkeit gleich. Kein deutscher Bundeskanzler ist aus freien Stücken aus dem Amt geschieden. Bei Monarchen ist eine lange Regierungszeit Anlaß für Dankgottesdienste; in der Demokratie wird die Erfolgsserie irgendwann zum Argument für einen Wechsel. Läßt die Volksherrschaft dem großen Mann keinen Spielraum?
Gern würde man in großen Politikern den Ausnahmemenschen sehen. Aber er steht ein für die Normalität. Das Einmalige läßt sich immer wegdenken. Wirklich unersetzlich ist, was nicht aus dem Rahmen fällt. Kohl war immer abzuwählen, aber nie wegzudenken. Er war die Stimme des Volkes und das Organ des Zeitgeists. Sein Leben war nicht als Politik und sollte doch die Politik zum Verschwinden bringen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.2017

PATRICK BAHNERS, Redakteur im Feuilleton dieser Zeitung, hat ein Buch über Helmut Kohl geschrieben. Nach der Methode der klassischen Historiker, auf dem Weg des Charakterstudiums, versucht er dem Formlosen von Kohls Erscheinung beizukommen. Die Liebe des Kanzlers zur Geschichte erwies sich 1989 als glückliche, was aber nicht Kohls Austritt aus der kleinen Welt der Bundesrepublik bedeutete. In Kohls Europapolitik, deren Erfolg heute zweifelhaft scheint, findet der Biograph denselben mit aller Macht über das Vorgefundene hinausdrängenden Zug, der schon den Aufstieg des Pfälzers in der CDU prägte. Angela Merkel, die ihn stürzte, ist seine Schülerin. Ein ausführliches Kapitel schildert die Spendenaffäre, die Kohl nach seiner Abwahl einholte, als ultimative Charakterprobe. Kohls schärfste Kritiker wie Wilhelm Hennis erkannten seine Stärken am besten. Unwahrscheinlich, aber wahr: Als Parteipolitiker erlangte Kohl historische Größe. (Patrick Bahners: "Helmut Kohl". Der Charakter der Macht. Verlag C. H. Beck, München 2017. 314 S., br., 18,- [Euro].)

F.A.Z.

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