Warum interessieren wir uns für die Haarfarbe Gerhard Schröders oder die Schönheitsoperationen Silvio Berlusconis? Philip Manow antwortet: Weil ein Teil der symbolischen Bedeutung, die ihren Sitz einst im Körper des Königs hatte, in der Demokratie nachlebt, nicht nur im Herrscherkörper, sondern auch im zentralen politischen Körper der repräsentativen Demokratie: dem Parlament. Zum Ausgangspunkt für seinen Essay über die politische Anatomie der Demokratie wählt Manow die Gestaltung moderner Plenarsäle. Anhand von weiteren Überlegungen zur Immunität von Abgeordneten, zur Öffentlichkeit parlamentarischer Verhandlungen und zur Frage, warum in George W. Bushs Wagenkolonne stets mehrere baugleiche Cadillacs fahren, kommt er zu dem Ergebnis, daß in der modernen Demokratie das staatstheoretische Gedankengut des Mittelalters überlebt.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Inspirierend und originell findet Christine Pries Philip Manows Buch über vormoderne Spuren in der demokratischen Selbstrepräsentation. Wenn die Rezensentin auch nicht alles, was der Konstanzer Politikwissenschaftler vorbringt, unterschreiben kann, so erscheint ihr vor allem der in den beiden Hauptkapiteln ausgeführte Punkt, dass nämlich die parlamentarischen Sitzordnungen keineswegs rein funktionale Gründe haben oder gar zufällig sind, bemerkenswert. In einer eigenwilligen Verwendung von Ernst Kantorowicz' Theorie von den zwei Körpern des Königs - dem natürlichen und dem politischen - lasse sich im rechteckig angeordneten britischen Parlament die Vorstellung, als Teil des politischen Körpers des Königs zu fungieren, ablesen. Im halbrunden französischen Parlament dagegen manifestiere sich ein "ritualisierter Ausdruck einer komplexen Neuerfindung beider Körper des Königs", mit dem man sich ausdrücklich von den Inszenierungen der gestürzten monarchischen Macht absetzen wollte, erklärt die Rezensentin gefesselt, die diesen Punkt als "eigentliche Entdeckung" des Autors feiert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Auch die Demokratie benötige und produziere ihre eigene politische Mythologie, betont Manow in seinem erhellenden, glänzend geschriebenen Essay über die politische Anatomie demokratischer Legitimation. Konzis und überzeugend widerlegt Manow die These von der Bild- und Körperlosigkeit moderner Herrschaft. In jeder Inszenierung findet eine konkrete politische Ordnung Ausdruck.« Alexandra Kemmerer Süddeutsche Zeitung







