Inge Morath war 1953 die erste Frau, die in der genossenschaftlich organisierten Fotoagentur Magnum (gegr. 1949) aufgenommen wurde. Bis heute steht Magnum für Qualitäts-Fotojournalismus und der Kreis Mitglieder ist ebenso exklusiv wie brillant geblieben.
Der Hommage-Band illustriert Inge Moraths
Werk mit einem Fokus auf ihre stilprägende Periode in den Fünfziger und Sechzigerjahren. Sie…mehrInge Morath war 1953 die erste Frau, die in der genossenschaftlich organisierten Fotoagentur Magnum (gegr. 1949) aufgenommen wurde. Bis heute steht Magnum für Qualitäts-Fotojournalismus und der Kreis Mitglieder ist ebenso exklusiv wie brillant geblieben.
Der Hommage-Band illustriert Inge Moraths Werk mit einem Fokus auf ihre stilprägende Periode in den Fünfziger und Sechzigerjahren. Sie entwickelt in der Zeit ein untrügliches Gespür für Eleganz und wird als Portraitistin der Avantgarde und des Filmbusiness bekannt. Eher selten ist das normale Volk ihr Thema, als Sozialfotografin tritt sie nicht in Erscheinung. Dagegen gelingt es nur wenigen wie ihr, zu den Reichen, Schönen und Berühmten ein so nahes und unverkrampftes Verhältnis aufzubauen, dass sie selber im wahren Sinn „unsichtbar“ wird. Man muss sich immer vor Augen führen, dass damals das Auslösen einer Kamera ein lautes Geräusch verursachte, auf dass Personen des öffentlichen Lebens reflexhaft reagierten. Moraths Fotos zeigen dagegen kaum jemals eine Reaktion auf die Fotografin, stattdessen legen sie die Persönlichkeit der Portraitierten offen, wie auf einem Seziertisch. Es sind raffinierte Psychogramme, die man lesen kann, wie ein Buch.
Handwerklich sind die meist schwarz-weißen Fotos auf höchstem Niveau. Perfekt durchgezeichnet, selbst unter schwierigsten Bedingungen, mit einem sicheren Gespür für Bildaufbau und Dynamik. Das matt glänzende Druckpapier spiegelt wenig und lässt auf den meist ein- oder zweiseitigen Reproduktionen alle Details sichtbar werden, dank der sehr feinen Rasterung.
Die Auswahl hat mehrere Schwerpunkte, sowohl geografisch als auch thematisch. Neben ihren Arbeiten in New York und London stehen Prominentenportraits und ihre Tätigkeit als Set Photographer an Filmsets im Fokus. Bei letzterem werden oft nicht nur einzelne Aufnahmen gezeigt, sondern Serien, die einen Kontext liefern. Ein aus meiner Sicht zu großen Raum nimmt die Inszenierung von Arthur Millers „Handlungsreisenden“ in Beijing 1983 ein, eine Serie, die qualitativ nicht mehr an frühere Arbeiten heranreicht, auch wenn die Aufführung theatergeschichtlich natürlich bedeutsam war. Moraths Reisereportagen werden exemplarisch aus Frankreich, Spanien, Russland und Iran dargestellt.
Der Band zeigt einen repräsentativen Querschnitt aus dem vielfältigen Werk Inge Moraths, insbesondere vom Gipfel ihres Schaffens zwischen 1953 und ca. 1970. So wie ihr persönliches amerikanisches Netzwerk „veraltete“ und aus dem öffentlichen Interesse verschwand, suchte sie nach neuen Wirkungsfeldern, auf denen sie jedoch nicht mehr die Bedeutung erlangte, die sie als bedeutende Chronistin in den ersten Nachkriegsjahrzehnten hatte.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)