In vier poetischen Streifzügen von außerordentlicher Vorstellungskraft verbindet Carson Rhythmus und Metaphorik der Dichtung mit der schweifenden Natur des Essays und der Direktheit des Theaters. Die Lesenden erkennen, dass Geschichten und Mythen unsere Wirklichkeit durchweben. Neben einer modernen Variation auf den Dichter Mimnermos von Kolophon finden sich in diesem Band Kurzvorträge zu so diversen Themen wie Forellen, Rembrandt und Entjungferung; Überlegungen zur Vergleichbarkeit von Winter und Birnen sowie ein Langgedicht zum Leben des Renaissancemalers Perugino. Schließlich steht unser…mehr
In vier poetischen Streifzügen von außerordentlicher Vorstellungskraft verbindet Carson Rhythmus und Metaphorik der Dichtung mit der schweifenden Natur des Essays und der Direktheit des Theaters. Die Lesenden erkennen, dass Geschichten und Mythen unsere Wirklichkeit durchweben. Neben einer modernen Variation auf den Dichter Mimnermos von Kolophon finden sich in diesem Band Kurzvorträge zu so diversen Themen wie Forellen, Rembrandt und Entjungferung; Überlegungen zur Vergleichbarkeit von Winter und Birnen sowie ein Langgedicht zum Leben des Renaissancemalers Perugino. Schließlich steht unser ganzes komplexes Heute auf dem Spiel. Was sehen und was verstehen wir? Welche Lust ziehen wir gerade aus dem, was wir nicht verstehen und was dennoch da ist? Anne Carson, die wohl aufregendste lebende Dichterin der angloamerikanischen Welt, findet am Entdecken nicht weniger Freude als am Irren/ Irrtum/IndieIrreGehen. Frauen sind stark, sagt diese Dichterin, sie verstehen etwas von Gefäßen,vom Wasser und vom irdischen Durst.
Anne Carson , geboren 1950 in Toronto, zählt im englischsprachigen Raum zu den bedeutendsten Dichterinnen der Gegenwart. Zudem ist sie Altgräzistin, Homer-Spezialistin, Sappho-Übersetzerin und Sophokles-Kennerin. Ihr von Formwillen und Durchlässigkeit geprägtes umfangreiches poetisches Werk wurde mit den bedeutendsten Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem T.S. Eliot-Preis für Poesie (2001). Marie Luise Knott lebt als freie Autorin, Kritikerin und Übersetzerin in Berlin. Zuletzt erschien: 370 Riverside Drive, 730 Riverside Drive. Hannah Arendt und Ralph Ellison , das mit dem Tractatus-Preis für philosophische Essayistik ausgezeichnet wurde. Knott ist Mitherausgeberin von John Cage. Empty Mind zusammen mit Walter Zimmermann, Berlin 2012. Übersetzerin von Anne Carson, Anthropologie des Wassers und dies., Albertine. 59 Liebesübungen . Kürzlich erschien Dazwischenzeiten. 1930 - künstlerische Wege in der Erschöpfung der Moderne . In dem Internet-Kulturmagazin 'www.perlentaucher.de' hat sie eine Kolumne für zeitgenössische Lyrik unter dem Titel: Tagtigall .
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Wärmstens empfiehlt Rezensentin Angela Schader Anne Carsons "Irdischen Durst" vor allem jenen, die mit dem vielfältigen Werk der kanadischen Autorin noch nicht vertraut sind. Der dünne Band nämlich bietet eine herrliche Kostprobe aus Versen, Prosatexten, Essays und fiktiven Unterredungen mit dem antiken Dichter Mimnermos. Dieser steht im Zentrum von Schaders neugierigen literarischen Annäherungen aus verschiedenen Richtungen. Spielerisch und trotzdem gewissenhaft greift sie Mimnermos Themen und Gedanken auf, um sie über ihren historischen Kontext hinaus zu erweitern und zu bearbeiten, so Schader. Versiert trägt sie die wenigen bekannten Fakten aus dem Leben des Griechen zusammen, nur um die so aufgebaute Sicherheit und Autorität im nächsten Abschnitt des Buches wieder zu unterwandern, lesen wir. Und geschickt verbindet und verwebt sie Gegenwart mit Vergangenheit, Realität und Fiktion, und strenge kulturgeschichtlich eingebettete Konzepte mit "Sinnlichkeit, Empathie, Ironie". Ein Fest, findet die begeisterte Rezensentin, und alles andere als nur "zerebrales Trockenfutter".