Dr. Isidor Geller hat es geschafft: Er ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler und nach zwei gescheiterten Ehen Liebhaber einer wunderschönen Sängerin. Weit ist der Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, vom Schtetl in die obersten Kreise Wiens. Ihm kann keiner etwas anhaben, davon ist Isidor überzeugt. Und schon gar nicht diese vulgären Nationalsozialisten.
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Nathan Sznaider
Soziologe
Eine gut geschriebene Geschichte hat die Fähigkeit, die finstere Nacht zu erhellen. Und es ist besser, gute Geschichten zu erzählen, als mit mahnenden Stimmen und ernster Miene bei Gedenkveranstaltungen zu konstatieren, dass Antisemitismus in Deutschland keinen Platz hat. Denn Antisemitismus, das Ressentiment gegen Juden, hat ja nie den Platz geräumt. Mein Buch des Jahres ist deshalb „Isidor. Ein jüdisches Leben“ (Diogenes, Zürich 2022, 256 Seiten, 24 Euro) von Shelly Kupferberg. „Isidor“ ist nicht nur die Geschichte eines jüdischen Kaufmanns in Wien, sondern auch jüdische Literatur par excellence. Es geht um Einwanderung, Tradition und Moderne, Vergangenheit und Gegenwart, den Verlust der Würde, allgemeine und jüdische Themen, die Shelly Kupferberg durch Leben und Tod ihres Urgroßonkels aufrichtig beschreibt.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Soziologe
Eine gut geschriebene Geschichte hat die Fähigkeit, die finstere Nacht zu erhellen. Und es ist besser, gute Geschichten zu erzählen, als mit mahnenden Stimmen und ernster Miene bei Gedenkveranstaltungen zu konstatieren, dass Antisemitismus in Deutschland keinen Platz hat. Denn Antisemitismus, das Ressentiment gegen Juden, hat ja nie den Platz geräumt. Mein Buch des Jahres ist deshalb „Isidor. Ein jüdisches Leben“ (Diogenes, Zürich 2022, 256 Seiten, 24 Euro) von Shelly Kupferberg. „Isidor“ ist nicht nur die Geschichte eines jüdischen Kaufmanns in Wien, sondern auch jüdische Literatur par excellence. Es geht um Einwanderung, Tradition und Moderne, Vergangenheit und Gegenwart, den Verlust der Würde, allgemeine und jüdische Themen, die Shelly Kupferberg durch Leben und Tod ihres Urgroßonkels aufrichtig beschreibt.
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensentin Rose-Maria Gropp applaudiert Shelly Kupferberg für ein berührendes Buch über ihre eigene Familiengeschichte: Kupferbergs Urgroßonkel kam aus der tiefsten jüdischen Provinz, änderte seinen Namen von Israel zu Isidor und legte dann einen erstaunlichen und nahezu kometenhaften Aufstieg in der Wiener Haute Volée hin. Beeindruckt erzählt Gropp von der aufopferungsvollen Art, mit der sich der Kommerzienrat um seine Familie kümmerte: So zahlte er zum Beispiel dem Großvater der Autorin, Walter, sein Studium. Dieser hat ihr Isidors Lebensgeschichte erzählt und sie letztendlich motiviert, dieses Buch auch mithilfe von Archivmaterialien zu schreiben. Der Lebemann, einst geschätzt, beliebt und wohlhabend, wird Opfer der Nazis, er muss seinen ganzen Besitz aufgeben, wird gefoltert und stirbt schließlich entkräftet, bevor er die Flucht hätte antreten können, lernt die Kritikerin beinahe atemlos. Besonders erschüttert ist sie über eine Episode, die sich für Walter nach Kriegsende abspielt: Er kommt zum ersten Mal wieder nach Wien, die Nachbarn, die einige Möbelstücke der Familie haben, schlagen ihm, dem "Jud'", die Tür vor der Nase zu. Eine große Geschichte, die den ihr gebührenden Platz in der Holocaust-Literatur finden wird, schließt Gropp.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Behutsam tasted sich Shelly Kupferberg an Isidors Schicksal heran, erzählt nicht nur von ihm, sondern auch von den Menschen um ihn herum.« Bettina Baltschev / MDR Kultur MDR Kultur








