Graetz: ein spannendes Kapitel deutscher Industriegeschichte. Im Mittelpunkt die NS-Zeit: Anschaulich geschrieben, zeigt diese Fallstudie, wie sich NS-Diktatur und Industrie zum beiderseitigen Vorteil verbanden. Die Geschichte von Graetz in dieser Zeit ist in vielem typisch für das "Tausendjährige Reich". Am Anfang: die erste einwandfrei und hell brennende Petroleumleuchte, die Firmengründer Albert Graetz 1860 erfand, Grundstein für ein Unternehmen, das später mit Gaslicht, Radios und, nach 1945, mit Fernsehern für Furore sorgte. Gestützt auf unbeschränkten Aktenzugriff zeichnet der Autor den Aufstieg der Firma nach, zeigt die technisch-fabrikatorischen Leistungen, die die Marke Graetz am beginnenden 20. Jh. weltbekannt machten. Er zeigt auch, mit welchem Wohlwollen das Unternehmen den neuen Staat Hitlers betrachtete, der ihm ungleich bessere Verdienstmöglichkeiten bot als die ungeliebte Weimarer Republik. Die spätere "natürliche" Entwicklung: Rüstungsproduktion und Beschäftigungvon Zwangsarbeitern - es zeigt sich die Verstrickung einer Unternehmerfamilie in die NS-Verbrechen. Der eingeführte Name Graetz und das Wirtschaftswunder gaben die Chance für ein glänzendes Comeback in der jungen Bundesrepublik. Auf dem Höhepunkt seiner zweiten Karriere arbeiteten 5000 Menschen für den Gründerenkel Erich Graetz. Die Graetz-Chronik: eine Geschichte von Erfindergeist, Arbeitsethos und Erfolg. Aber auch eine von Schuld, Niedertracht und Verdrängung. Eine exemplarische Geschichte - und eine sehr deutsche.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Zwiespältig beurteilt Rezensent Werner Abelshauser Peter Süß' Firmengeschichte, in der er im wesentlichen Themen behandelt sieht, die ein "inzwischen zum literarischen Genre geronnenes historiografisches Amtsgericht" ohnehin immer wieder aufs Neue verhandeln würde: nämlich die Frage nach den unternehmerischen Handlungsspielräumen auf den Gebieten Rüstung und Zwangsarbeit. Hier scheint der Autor keine neuen Erkenntnisse gewonnen zu haben. Enttäuscht zeigt sich der Rezensent auch, weil diese Dissertation die Geschichte vom Aufstieg und Niedergang des Unternehmens schuldig bleibt. Sie breche 1945 abrupt ab, so dass zu Abelshausers Bedauern auch von den Barocken Tonmöbeln keine Rede mehr ist, die zur Ikonografie des Wirtschaftswunders gehören.
© Perlentaucher Medien GmbH
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