Visionen eines politischen Philosophen
Dieses Buch lebt von der Weisheit des Autors, der als Philosoph auch viele klassische Werke kennt. Der Titel stammt von Marx, der den Menschen wünscht, das zu tun, was er will, also morgens jagen, mittags fischen, nach dem Essen kritisieren und abends
Viehzucht betreiben (vgl. S.8). Besonders im Mittelteil war dieses Werk für mich fast eine Sammlung von…mehrVisionen eines politischen Philosophen
Dieses Buch lebt von der Weisheit des Autors, der als Philosoph auch viele klassische Werke kennt. Der Titel stammt von Marx, der den Menschen wünscht, das zu tun, was er will, also morgens jagen, mittags fischen, nach dem Essen kritisieren und abends Viehzucht betreiben (vgl. S.8). Besonders im Mittelteil war dieses Werk für mich fast eine Sammlung von Aphorismen.
Mich stört an diesem Sachbuch, dass der Autor vor allem im ersten Teil ein Science-Fiction Version des Jahres 2040 entwirft und dabei Rückblicke ins Jahr 2018 einblendet, also vor allem S.59-82. Gut wiederum, dass er auch auf die wenig zukunftsweisenden Ideen des neue Nationalismus eingeht.
Inhaltlich muss man dem Buch nicht immer zustimmen, aber das Versprechen, dass die Digitalisierung unser Leben demokratischer und einfacher mache, muss wirklich mit einer klugen Politik umgesetzt werden, was auch ich heute nicht erkennen kann.
Ein Schwerpunkt bildet seine Forderung nach dem Bedingungslosen Grundeinkommen. (BGE). Er schreibt selbst, dass vorher das Steuersystem umgebaut werden müsse. Ich meine, dass selbst wenn erste Versuche des BGE in Finnland und anderswo nicht fortgesetzt werden, so fragt ich mich doch, warum man nicht beginnt Maschinen zu besteuern. Woran scheitert die Finanztransaktionssteuer? Und wie die Mehreinnahmen dann investiert werden, ist eine zweite Frage.
Der Autor befasst sich zurecht mit dem Thema, was der Mensch in seiner Freizeit macht, wenn er weniger arbeitet. Technologie, die das Kochen erspart, ist nicht sinnvoll, wenn Kochen ein Hobby ist. Ich verweise auf mein Lieblingszitat (S.157f). Unser Bildung sollte als Ziel haben, das Glück aller Menschen zu maximieren und nicht die Gewinne weniger. Precht freut sich, wenn nicht alles nach Plan verläuft, denn nur so entstehen Geschichten. Er selbst sammelt alte Bücher, die er gerne in Antiquariaten aufstöbert. Wenn es diese direkt im Internet gibt, dann ist sein Hobby sinnlos. Die Aufteilung der Welt nach Problem und Lösung ist nicht immer zielführend.
Precht fürchte die Technokratie, die Diktatur von GAFA (google, apple, facebook, amazon). Er wundert sich darüber wie bereitwillig Internetnutzer ihre Daten preisgeben und begrüßt die neue Datenschutzverordnung. Nur die Großen können Daten sammeln, die ebenfalls nur an Große verkauft werden.
Seine Utopien mit selbstfahrende Autos im Verkehr und Robotern im Gesundheitswesen habe wieder weit weniger gern gelesen, weil der Autor frei entscheiden kann, welche Probleme er sich aussucht. Kommt es zu ethischen Fragen, sollte die Politik deren Programmierung verbieten.
Drei Krise sieht Precht für die Zukunft: die Konsumkrise (Geld wird nur verlagert), die „Hatari-Krise“ (der Mensch wird nur noch als Konsument gesehen) und die ökologische Krise. Er fordert eine Bereitstellung digitaler Infrastruktur durch den Staat. Er will Optimismus verbreiten denn und das ist der letzte Satz: „Pessimismus ist keine Lösung.“
Ein Sachbuch muss nach neue Inhalt bewertet werden, das ist gegeben. Ein Stern ziehe ich dennoch ab, wegen des Science-Fiction Stils und nicht weil ich manchmal anderer Meinung bin. 4 Sterne.
Lieblingszitat: "Ich tue etwas, was ich gerne tue. Eine solche „Zweckmäßigkeit ohne Zweck“ erachtete Kant […] als das Wesen der Kunst. […] Ständig das Nützliche zu tun charakterisiert dagegen die niederen Tiere" (S.157f)