Eines vorweg: Dieses sehr inspirierende und mit ungewöhnlichen und überraschenden Ideen aufwartende Buch ist eher nichts für absolute Japan-Neulinge. Schon der Umstand, dass Matthias Reich so gut wie keine allgemeinen Hintergrundinfos zum Bahnbetrieb, dem Verhalten in Zügen und an Bahnhöfen oder
auch nur der Informationsbeschaffung zu JR-Fahrplänen schreibt, lässt den Schluss zu, dass der Autor…mehrEines vorweg: Dieses sehr inspirierende und mit ungewöhnlichen und überraschenden Ideen aufwartende Buch ist eher nichts für absolute Japan-Neulinge. Schon der Umstand, dass Matthias Reich so gut wie keine allgemeinen Hintergrundinfos zum Bahnbetrieb, dem Verhalten in Zügen und an Bahnhöfen oder auch nur der Informationsbeschaffung zu JR-Fahrplänen schreibt, lässt den Schluss zu, dass der Autor sich an ein etwas erfahreneres Publikum wendet. Und die Auswahl der Ziele und Strecken bestätigt aus meiner Sicht diese Strategie und damit bedient dieses Buch ein Thema, zu dem es bisher buchstäblich nichts auf dem Markt gab: Was macht man in Japan, wenn man die Top-Sehenswürdigkeiten alle gesehen hat? Der Zug ist in der Tat das beste, pünktlichste und bequemste Fahrzeug, mit dem man in Japan reisen kann. Ich weiß, wovon ich rede, ich fahre seit fast 20 Jahren regelmäßig hin, aber mir gehen die Ziele aus und an den Hotspots ist Japan mittlerweile durch den völlig aus dem Ruder gelaufenen Übertourismus unerträglich geworden. Da ist „Japan mit dem Zug entdecken“ eine echte Offenbarung!
Matthias Reich hat wirklich außergewöhnliche Strecken auf allen drei Hauptinseln gefunden, die das ganze Land kulturell und geografisch „erschließen“ und das meist fernab der ausgetretenen Touristenpfade. Natürlich sind auch Standardziele (Kyoto, Tokyo, Osaka etc.) mit auf dem Fahrplan, aber sie sind keine Schwerpunkte, sondern nehmen genauso viel Raum ein, wie Shimabara oder Kushiro, die sonst eher nur Spezialisten kennen. Auf den Strecken liegen viele kleine und größere Entdeckungen, die dem normalen Japantouristen meist verborgen bleiben, einfach weil es aufwendig und langwierig ist, dort hinzukommen. Auch das war für mich in der Vergangenheit ein Grund, einige der Ziele, die ich inhaltlich kannte, nicht zu besuchen. Matthias Reich verbindet den Aufwand aber z. B. mit außergewöhnlichen Sonderzügen (von denen es in Japan viele gibt!), nutzt kreative Streckenführungen oder gibt Tipps zur Fahrtunterbrechung und wie man sich die Zeit einteilt. Die übersichtliche Struktur und informativen Bilder runden das Ganze sinnvoll ab. Sobald kleine Privatbahnen involviert sind, liefert der Autor auch ganz konkrete Informationen zu Webseiten und Fahrplänen, die er bei JR-Strecken eher nur summarisch andeutet. Leider hat die ehemals sehr komfortable und umfangreiche Fahrplanauskunft Hyperdia viele Services eingestellt und aktualisiert auch nicht mehr regelmäßig, da hätte ich mir von Matthias Reich vielleicht einen aktuellen Tipp gewünscht, ansonsten bin ich wunschlos glücklich.
Dieses Buch öffnet mir im wahrsten Sinn ganz neue Seiten in Japan und hat richtig Lust gemacht, nochmal hinzufahren.