Zwischen Heilkunst und gefährlicher Versuchung
Von der ersten Begegnung mit Jeló an war mir klar, dass dieser Roman kein gewöhnliches Leseerlebnis werden würde. Die Geschichte führt in eine Zeit, in der Heilkunst, Glaube und Täuschung nah beieinander lagen. S. A. Urban verknüpft diese Themen mit
einer ungewöhnlichen Figur, die man so schnell nicht vergisst. Jeló ist kein Held im klassischen Sinn,…mehrZwischen Heilkunst und gefährlicher Versuchung
Von der ersten Begegnung mit Jeló an war mir klar, dass dieser Roman kein gewöhnliches Leseerlebnis werden würde. Die Geschichte führt in eine Zeit, in der Heilkunst, Glaube und Täuschung nah beieinander lagen. S. A. Urban verknüpft diese Themen mit einer ungewöhnlichen Figur, die man so schnell nicht vergisst. Jeló ist kein Held im klassischen Sinn, sondern ein junger Mann, der zwischen Begabung und Versuchung steht.
Beim Lesen konnte ich mir Jelós Weg gut vorstellen – die Märkte, die Dörfer und das geschäftige Treiben unterwegs. Besonders die Zeit mit dem fahrenden Bader ist so anschaulich beschrieben, dass man sich mitten im Geschehen fühlt. Schon früh wird deutlich, dass Jeló mehr kann als Heilen. Er entdeckt seine Fähigkeit, Menschen in einen tranceähnlichen Zustand zu versetzen und sie nach seinem Willen zu lenken. Gleichzeitig zeigt der Roman, wie schwer es für ihn ist, diese Gabe richtig einzusetzen, ohne sich selbst und andere zu gefährden.
Als die Inquisition auf ihn aufmerksam wird, spürt man die Bedrohung, die über ihm schwebt. Jelós Flucht zu einem einflussreichen Gönner öffnet ihm neue Welten: Wissen, Macht und die Versuchung, seinen eigenen Vorteil zu nutzen. Dabei muss er sich immer wieder entscheiden, ob er den Weg des charismatischen Heilers gehen, den des gebildeten Klerikers einschlagen oder sich in die gefährlichen Machtspiele und Manipulationen hineinziehen lassen soll. Sein auffälliges Muttermal wird zum Symbol für sein Schicksal und seine Einzigartigkeit, die ihn zugleich schützt und gefährdet.
Was mir besonders gefallen hat, ist die Sprache. Sie wirkt klar, anschaulich und nie überladen. Man spürt die gründliche Recherche, doch die Erzählung bleibt dabei lebendig und nah. Gerade diese Verbindung von historischem Wissen und erzählerischem Gespür macht die Geschichte so packend.
Ich mochte, dass die Autorin nicht alles erklärt, sondern Raum lässt für eigene Gedanken. Manche Entscheidungen Jelós haben mich innerlich beschäftigt, weil sie so menschlich sind. Fehlerhaft, jedoch nachvollziehbar. So entsteht ein spannendes Bild eines jungen Mannes, der versucht, in einer Welt voller Macht und Aberglaube seinen Platz zu finden.
Als ich zum Schluss das Buch beiseitelegte, ließ mich diese Geschichte nicht gleich los. Jetzt bin ich gespannt, wie es weitergeht und hoffe, dass die Fortsetzung nicht allzu lange auf sich warten lässt. 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung.