Im neuen Buch, der geheimnisvollen und überraschungsreichen "Vorwintergeschichte" Kali, bricht eine Sängerin nach Abschluß ihrer Tournee in ihre Kindergegend auf - nach Handke-Land: "In die Gegend gleich nebenan, hinter dem Kindheitsfluß. ... Dort ist der Winter noch Winter. Oder: Es ist eine Auswanderer-Gegend ... Das Einzige, was ich noch weiß: Der Untergrund dort besteht bis in die tiefsten Tiefen aus Salz - Kali. ... Auch im Sommer ein schneeweißer Bergrücken mitten in der Ebene."An jenem Ort leben die unterschiedlichsten Weltenbewohner, "Überlebende des Dritten Weltkriegs, der rund um uns schon seit langem wütet, unerklärt, wenig sichtbar, aber um so böser". Deren Leben, so wird der Sängerin bei ihrer Ankunft in der Siedlung auf dem Kali-Berg deutlich, ist völlig aus den Fugen, seit ein Kind verschwunden ist. Und wie geht es mit dem Kind weiter? Und warum heißt es am Ende: "Ah, wenn einmal ein Kind ins Erzählen kommt..."? In Kali hat Peter Handke die Geschichte, die Stationen, das ernste Spiel des Verlorengehens, des Findens und Suchens in unserer Zeit erzählt. Wen sucht die Sängerin? Warum reist sie zunächst zu ihrer Mutter? Wieso flößt sie dem Mann und dessen Sohn in der Bergwohnsiedlung Angst ein? Und warum reist sie zum tiefsten Punkt des Salzstocks?
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Jawohl, dieser Autor gehört zum "Trüppchen der anhaltend interessantesten Größen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur", verkündet Rezensentin Ursula März an die Adresse sämtlicher Zweifler, zu denen sie sich manchmal auch selber zählt. Denn bei diesem Roman handelt es sich ihrer Ansicht nach um ein atemberaubendes Epos und "strukturstarkes, szenisches Konzentrat", in dem Peter Handke mal wieder sein ganzes beeindruckendes Talent "zur sentimentalen Aufladung ontologischer Kindlichkeitsutopien" unter Beweis gestellt hat - ihre "christlichen Erlösungsszenarien" inklusive. Im Zentrum steht den Informationen der Rezensentin zufolge eine Sängerin, die am Ende einer Konzertreise an den Ort ihrer Kindheit reist, an dem sich auch ein Kaliwerk befindet. Besonders kann Handke die Rezensentin mit seinen Cross-over-Manövern begeistern, die von Beschreibungen des "hell leuchtenden Salzpalastes" im Innern des Bergwerks über Biografisches bis zu Uma Thurmans "Kill-Bill-Kämpferin" reiche. Am Ende zieht die Rezensentin den Hut vor diesem Autor und seinem "rätselhaften" Erzähler, der mit seiner "vieldeutigen Erzählordnung" in ihr das Feuer wahren Leseglücks zu entfachen vermochte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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