»Seit Februar fahren keine Straßenbahnen mehr«. Immer wieder gibt es Momente der Stille in der vom Krieg heimgesuchten Großstadt. Menschen treffen sich an Orten, die noch halbwegs intakt sind: auf dem Fußballplatz, in der Kirche, in einem lichtdurchfluteten Hochhausbüro. Zhadan-Leser treffen Figuren, die sie aus Mesopotamien oder Internat kennen: Leute, bei denen man nie genau wusste, was sie eigentlich tun, ob sie Musiker, arbeitslose Lehrer, Werbeleute, Automechaniker oder unabhängige Experten sind.
Jetzt sind sie mit völlig anderen Dingen befasst: nach der Bombardierung eines Wohngebiets eine alte Frau evakuieren; einen Job für jemanden finden, der als Invalide von der Front zurückgekommen ist; an der Trauerfeier für einen getöteten Kollegen teilnehmen, der eine Einheit an der Front kommandiert hat.
Jede dieser Geschichten prägt sich tief ein. Zhadan findet einen Ausdruck für die Schutzlosigkeit und die radikale Veränderung des Lebens in einer Gesellschaft, die sich daran gewöhnt hat, dass überall der »große Tod« mit herumsteht, wo man sich auch trifft.
Jetzt sind sie mit völlig anderen Dingen befasst: nach der Bombardierung eines Wohngebiets eine alte Frau evakuieren; einen Job für jemanden finden, der als Invalide von der Front zurückgekommen ist; an der Trauerfeier für einen getöteten Kollegen teilnehmen, der eine Einheit an der Front kommandiert hat.
Jede dieser Geschichten prägt sich tief ein. Zhadan findet einen Ausdruck für die Schutzlosigkeit und die radikale Veränderung des Lebens in einer Gesellschaft, die sich daran gewöhnt hat, dass überall der »große Tod« mit herumsteht, wo man sich auch trifft.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Eine "monumentale Kraft" entfaltet die Prosa Zhadans gerade aufgrund ihrer Reduziertheit, findet Rezensent Christian Thomas nach der Lektüre von dessen Buch über Russlands Krieg in der Ukraine. Der Kritiker trifft gelegentlich auf alte Bekannte aus anderen Büchern des Autors, der hier wieder vor allem über seine Heimatstadt Charkiw erzählt. Gleichzeitig allerdings verändert der Krieg die Menschen, erfährt Thomas von Zhadan. Das Buch lässt bewusst Leerstellen, so taucht beispielsweise das Wort "Russe" niemals auf, erklärt der Kritiker, dem Geschwindigkeitsterror des Krieges setzt es Langsamkeit entgegen und arbeitet viel mit Gedankenstrichen - insgesamt beharrt es auf dem Wert des Unausgesprochenen. Die "radikal nüchterne Prosa" hat aber eine große Wirkung, findet Thomas, außerdem werden die Texte mit Skizzen ergänzt, die Zhadan selbst angefertigt hat. Juri Durkot und Sabine Stöhr haben es obendrein hervorragend übersetzt, lesen wir. Sogar ein bisschen Wärme scheint hier und da durch all die Härten, schließt Thomas seine positive Rezension.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Manchmal gibt es Bücher, denen man dankbar ist, dass man ihnen nicht entkommt, dass sie einen nicht gehen lassen. Und von denen man allen sagen möchte: Das musst du lesen! Serhij Zhadans neue Geschichten unter dem Titel Keiner wird um etwas bitten sind so ein Buch.« Ö1, Ex Libris 20250625