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Mit trügerischer Leichtigkeit durchstreift Dubravka Ugresic in ihren neuesten Essays Orte und Kulturen, Zeitgeschichte und Politik, richtet unser Augenmerk auf die universelle Bedeutung scheinbarer Alltagsbanalitäten wie Evian-Wasser und Vogelhäuschen und betrachtet umgekehrt die ganz großen Themen mit nonchalanter Unverfrorenheit durch die allerkleinste Linse - so zum Beispiel, wenn sie die Welt nach 9/11 aus der Perspektive der New Yorker Nagelstudios analysiert. Es entsteht ein ebenso scharfsinniges wie humorvolles Bild der mentalen Koordinaten unserer Zeit - dank der überragenden…mehr

Produktbeschreibung
Mit trügerischer Leichtigkeit durchstreift Dubravka Ugresic in ihren neuesten Essays Orte und Kulturen, Zeitgeschichte und Politik, richtet unser Augenmerk auf die universelle Bedeutung scheinbarer Alltagsbanalitäten wie Evian-Wasser und Vogelhäuschen und betrachtet umgekehrt die ganz großen Themen mit nonchalanter Unverfrorenheit durch die allerkleinste Linse - so zum Beispiel, wenn sie die Welt nach 9/11 aus der Perspektive der New Yorker Nagelstudios analysiert. Es entsteht ein ebenso scharfsinniges wie humorvolles Bild der mentalen Koordinaten unserer Zeit - dank der überragenden Qualitäten dieser Autorin: ihres "unbestechlichen Urteils, ihrer polemischen Schärfe, ihres poetischen Flairs, ihres sarkastischen Witzes". (Ilma Rakusa).
Autorenporträt
Dubravka Ugresic wurde 1949 im heutigen Kroatien geboren. Bis sie 1993 aus politischen Gründen emigrieren musste, unterrichtete sie Literatur an der Universität Zagreb. Danach war sie Dozentin an verschiedenen europäischen und amerikanischen Universitäten, zuletzt an der Freien Universität Berlin. Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, so 1995 mit dem Europäischen Essay-preis Charles Veillon für "Die Kultur der Lüge". Auf Deutsch erschien zuletzt ihr Roman "Das Ministerium der Schmerzen" (2005). Dubravka Ugresic lebt in Amsterdam.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Angetan berichtet Rezensent Jörg Plath über diesen Band mit Zeitungsfeuilletons und Essays der 1993 emigrierten kroatischen Schriftstellerin von Dubravka Ugresic, die Themen wie Verlust der Heimat Jugoslawien, die "Kultur der Lüge" in den Nachfolgestaaten und die Erfahrungen des Exils reflektiert. Daneben widme sich die Autorin vor allem in den Zeitungsfeuilletons Alltagsthemen und "allerlei Phantasmen": holländischen Kunststofftulpen, einem Vogelhäuschen oder dem amerikanischen Jugendwahn. Demgegenüber entfaltet sich Ugresics "Kunst des abschweifenden und ausschweifenden Nachdenkens" für Plath besser in den längeren Essays. Dabei besticht die Autorin seines Erachtens durch "Witz, Erzählfreude und Scharfsinn". Und bisweilen auch durch ihre Wut, etwa wenn sie darüber schreibt, wie gründlich die nationale Raserei in Kroatien die jugoslawische Vergangenheit beseitigt hat.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.07.2007

Auf den Keks
Dubravka Ugresic liest ethnischen Saubermännern die Leviten

1993 musste Dubravka Ugresic den neu gegründeten Staat Kroatien wegen einer Hetzkampagne von Nationalisten verlassen. Sie hatte es gewagt, Präsident Tudjman zu kritisieren. Heute hat die 1949 in der Nähe von Zagreb geborene Schriftstellerin einen niederländischen Pass und einen Wohnsitz in Amsterdam. Doch noch immer lebt sie aus Koffern und hat ihre Habseligkeiten über den halben Erdball verteilt. Als frei schwebende Intellektuelle sieht sie sich offenbar trotzdem nicht. Die Erkenntnis, dass es den voraussetzungslosen "globalen Blick auf die Welt" nicht gibt, steht am Beginn von "Keiner zu Hause" - einem klugen Essayband, der durch seine west-östlichen Perspektiven, durch überraschende Vergleiche zwischen Systemen und Mentalitäten besticht.

Ugresic knüpft an die Bände "Die Kultur der Lüge" (1996) und "Lesen verboten" (2002) an, in denen sie das Auseinanderbrechen Jugoslawiens und ihr Unbehagen an der Kulturindustrie beschrieben hat. Jetzt kommt das große Verpflanzen, Verschieben und Verschwinden hinzu, die "globale Osmose". Buchstäblich ist keiner zu Hause. Während Osteuropäer aus Not im Westen als Zimmermädchen oder Klomann arbeiten, möbeln Amerikaner und Westeuropäer im Osten ihr Ego über Billigkäufe auf. Dass die Kategorien Ost und West relativ sind, zeigt eine Episode in Kaliningrad. Als das gesamteuropäische Poeten-Projekt "Literaturexpress 2000" mit Ugresic an Bord dort Station macht, bieten Russinnen selbstgebackenen "West-Keks" an: "weil wir Westen sind". Ugresic sucht das Heterogene, in Großstädten und auf Flohmärkten - und findet noch bei den Toten auf dem Friedhof das Bestreben nach ethnischer "Homogenität".

Für die Literaturwissenschaftlerin ist Sprache der Schlüssel zur Mentalität. Anders als bei den Niederländern, die Verkleinerungsformen liebten, gebe es in Ex-Jugoslawien einen Hang zur Vergrößerungsform. "Der sprachliche Gigantismus hilft meinen Landsleuten, sich größer zu fühlen. Als große Menschen finden meine Landsleute ihre Umgebung unangenehm und feindlich." Verblüffender als die Kontraste sind die Übereinstimmungen. Die Hymnen auf Tudjman, der die jugoslawische Vergangenheit um jeden Preis auslöschen wollte, entlarvt sie als ins Nationalistische gewendete Superlative des Sozialismus. Beide, der amerikanische Supermann und der sozialistische Held, seien "Nachbildungen des Prometheus", Übermenschen und Heilsbringer.

Es nimmt nicht wunder, dass Dubravka Ugresic den Begriffen "Identität" und "Kultur", die auch in den Jugoslawien-Kriegen eine so unselige Rolle spielten, zutiefst misstraut. Als kroatische Autorin lässt sie, die mit Jugoslawien ja einen ganzen Kulturraum verloren hat, sich nur ungern bezeichnen. Sie wehrt sich dagegen, dass Autoren aus kleinen Ländern stets als deren Repräsentanten missverstanden würden - anders als ihre Kollegen aus dem Westen, die nur für sich als Person sprächen. Ihr ist fatal, dass "auch der globale Markt sich am liebsten mit ,Identitäten' befasst". Daran passten sich die osteuropäischen Intellektuellen, die es sich "im altmodischen Nest der Nationalliteratur bequem gemacht" hätten, nun willig an. Dagegen setzt Ugresic die Idee einer transnationalen Literatur. Den idealen Vertreter hat sie schon gefunden: einen aus Kalkutta stammenden, in New York lebenden jungen Mann, der einen Roman über ungarische Intellektuelle der Sechziger geschrieben hat.

JUDITH LEISTER

Dubravka Ugresic: "Keiner zu Hause". Essays. Aus dem Kroatischen übersetzt von Barbara Antkowiak, Angela Richter und Mirjana und Klaus Wittmann. Berlin Verlag, Berlin 2007. 301 S., geb., 22,- [Euro].

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"Virgina Woolf schrieb am Vorabend eines Krieges, Dubravka Ugresic schreibt in den Nachwehen eines Krieges ... Beeindruckend und tief empfunden - und diese beiden Eigenschaften trifft man selten zusammen an." (Times Literary Supplement)