Rudolf Loch zeichnet ein bewegendes Bild des vergeblichen Ringens Kleists um Daseinsbewältigung und vermittelt damit einen Begriff von der Modernität dieses Autors. Sein Werk wird als Versuch beschrieben, neuartige Erfahrungen, Charaktere und Konflikte gestalterisch zu fassen.Kenntnisreich, detailliert, eng verwoben mit Dokumenten, (Selbst-)Zeugnissen und den Ergebnissen der biografischen und literaturwissenschaftlichen Forschung und zugleich spannend und kurzweilig erzählt der frühere Direktor der Kleist-Gedenk- und Forschungsstätte in Frankfurt (Oder) Rudolf Loch die Lebens- und Werkgeschichte Heinrich von Kleists (1777-1811). Das mit sinnvoll illustrierenden Abbildungen versehene Buch versucht die Lebensgeschichte wie auch die schriftstellerischen und journalistischen Arbeiten des zu Lebzeiten weitgehend erfolglosen Außenseiters, der heute als »einer der größten, kühnsten, höchstgreifenden Dichter deutscher Sprache« (Thomas Mann) gilt, als Ausdruck seiner persönlichen Zerrissenheit zu fassen, die zugleich die Zerrissenheit seiner Zeit spiegelt. Unfähig, sich als aufgeklärtes, selbst-denkendes Subjekt den Zumutungen eines preußischen Staatsamtes zu unterwerfen oder auch nur anzupassen, suchte Kleist nach Wegen, eine selbstbestimmte Existenz zu führen. Wie und woran dies immer wieder scheiterte, führt Loch eindrücklich und einleuchtend vor Augen. Sein Kleist-Buch verführt darüberhinaus auch dazu, Kleist selbst vor dem Hintergrund des hier aufgespannten Kontexts wiederzulesen.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Gerhard Neumann sieht in Rudolf Lochs Kleist-Biografie den Versuch, das "Faktische des Lebensganzen" und die "Deutung des Lebenswerkes" zu verknüpfen. Loch argumentiert laut Neumann am Faden von Kleists Briefen entlang. Wo es keine unmittelbaren Quellen gebe, suche der Autor den Weg über das Umfeld der ungeklärten Ereignisse, etwa der Pädagogik der Zeit, Kleists Erzieherin, Kleists das Schweizer Umfeld und so weiter. "Viel Neues" fördere Loch dabei mit seiner Beschreibung von Kleists Studium der Kameralwissenschaften in Königsberg zu Tage, freut sich Neumann: "ein minutiöses kulturhistorisches Porträt der komplexen Situation zwischen Finanz- und Rechtswissenschaft, Gewerbe, Militär und Polizei." Neumann hebt hervor, dass Loch von den Bruchstellen in Kleists Leben ausgeht, wobei er dem Gedanken eines Gleichgewichts zwischen Lebensereignis und Kunstwerk verpflichtet bleibt. Auffallend findet er insgesamt die "Spannungslosigkeit" zwischen "vorzüglich recherchierten Fakten" auf der einen und den "leidenschaftslos und mit dem Charme der Trockenheit vorgetragenen Deutungsansätzen der Werke" auf der anderen Seite.
© Perlentaucher Medien GmbH
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