Die moderne Gesellschaft lädt Laien in vielen Bereichen zum Mitmachen ein. Als Wähler, Konsumentin, Mediennutzer, Patientin oder Studierender darf und soll man Expertinnen und Experten mit Wünschen, Sorgen oder Beschwerden konfrontieren. Aber um mit diesen auf Augenhöhe zu kommunizieren, scheinen sich Laien auch engagieren und informieren, ja selbst ein stückweit zu Experten werden zu müssen. Fran Osrecki stellt solche Annahmen in seinem Buch auf den Kopf: Laien sind in der modernen Gesellschaft dann stark, wenn sie uninformiert, sprunghaft, inkonsistent und unberechenbar agieren. Das Nichtwissen ist ihre wichtigste Ressource. Laien bilden ein unbekanntes Publikum und spielen gerade als solches eine wichtige Rolle in unserer funktional differenzierten Gegenwartsgesellschaft.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Interessiert liest Rezensent Christian Schüle Fran Osrečki Buch über Laien, wobei ihn die Grundthese dieser Studie letztlich nicht überzeugt. Der Soziologe Osrečki argumentiert laut Schüle, dass in der Moderne Laien immer wichtiger werden und zwar, weil sich an diesem Sozialtypus die Inklusionsfähigkeit einer Gesellschaft beweise - tatsächlich argumentiert kaum noch ein ernst zu nehmender Soziologe, dass bestimmte Gruppen etwa von Bildung oder staatsbürgerlichen Rechten ausgeschlossen werden sollen. Die historische Darstellung des Aufstiegs der Laien, wie sie sich Osrečki zufolge etwa in immer mehr Mitspracherechten in der Bildung oder im Medizinsystem niederschlägt, leuchtet Schüle ein. Nicht einverstanden ist Schüle hingegen mit Osrečkis klar positiver Bewertung dieser Entwicklung. Dass Laien, deren historische Genese der Autor von den Idiotes der Antike bis zu Twitter-Usern nachvollzieht, die Gesellschaft wirklich immer voran bringen, glaubt Schüle nicht. Der Rezensent hält es eher mit Niklas Luhmann und verweist auf die Funktionslogik einzelner Gesellschaftsbereiche wie etwa der Politik, die keineswegs automatisch laienkompatibel sind - tatsächlich resultiert die Inklusion von Laien oft in Frusterfahrungen, die sich zum Beispiel in der Unterstützung extremistischer Parteien artikulieren kann. In einer funktional differenzierten Gesellschaft, glaubt Schüle, Osrečki widersprechend, bleibt der Aufstieg des Laientums eine zwiespältige Angelegenheit.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»[Ein] durchgängig lesenswertes Buch ...« André Kieserling FAZ Online 20251028







