Der Arzt, Psychoanalytiker und Sozialpsychologe Alexander Mitscherlich (1908-1982) hat mit seinen politischen Stellungnahmen und sozialpsychologischen Analysen das intellektuelle Profil der Bundesrepublik maßgeblich geprägt.Werke wie »Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft« oder »Die Unfähigkeit zu trauern« stehen noch heute für wichtige Entwicklungen und Stimmungslagen der westdeutschen Gesellschaft in der Nachkriegszeit. Anhand von bisher unveröffentlichtem Material entwirft Martin Dehli die Biographie Mitscherlichs vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts: Sie führt von den nationalrevolutionären Zirkeln um Ernst Jünger und Ernst Niekisch im Berlin der frühen dreißiger Jahre über Exil und Gefangenschaft nach Heidelberg und Frankfurt, von wo aus Mitscherlich sein Wirken entfaltete.Mitscherlich erscheint nicht als Ikone bundesrepublikanischen Selbstverständnisses, sondern in all der Widersprüchlichkeit, die einer Gründerfigur in einer Zeit des Übergangszu eigen ist: in all dem Facettenreichtum und der Unmittelbarkeit, die Mitscherlichs politischem und wissenschaftlichem Wirken das Gewicht verliehen und so seinen Beitrag zur Modernisierung der deutschen Wissenschaft und Gesellschaft erst möglich gemacht haben.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Als "methodisch und stilistisch brillant" feiert Rezensent Bernd Nitzschke diese Alexander-Mitscherlich-Biografie, die für ihn das zwingende Gegenstück zu Mitscherlichs Autobiografie "Ein Leben für die Psycholanalyse" ist. Denn Martin Dehlis mache in seinem Buch die Differenz zwischen "mythopoetischer Konstruktion" des Mitscherlich-Selbstbildes und seiner Objektivierung eindrucksvoll deutlich. Nitzschke lobt die Biografie aber auch für die darin geleistete Auswertung unfangreichen Archivmaterials, für die Erhellung so faszinierender Details wie der Tatsache, dass der Taufpate von Mitscherlichs Großvater Alexander von Humboldt war. Auch die Nachzeichnung von Mitscherlichs mühevoller Eroberung eines von dominanten Vätern und Vorvätern gezeichneten Wegs und die Darstellung seiner Folgen für Mitscherlichs Denken fesseln den Rezensenten sehr.
© Perlentaucher Medien GmbH
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