Mit Anfang dreißig hatte Ulrike Meinhof erreicht, wovon andere träumten. Doch 1970 ließ sie dieses Leben hinter sich, um in den Untergrund zu gehen. Von nun an galt sie als "Stimme der RAF" - und als "Staatsfeind Nr. 1". Ein radikaler Schnitt, der bis heute schwer nachvollziehbar scheint. Alois Prinz folgt ihren Lebensspuren, von der Kindheit im Dritten Reich bis zu ihrem Tod in Stammheim. Er lässt dabei Zeitzeugen sprechen und präsentiert schwer zugängliches und bisher unveröffentlichtes Material. Mit gebotener Distanz erzählt er ein Leben, in dem sich die Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik spiegelt und das zugleich fundamentale Fragen politischer Ethik aufwirft. Ein Urteil über den Menschen Ulrike Meinhof überlässt er dabei dem Leser.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Christina Thurner lobt diese Ulrike-Meinhof-Biografie von Alois Prinz für sein "unentwegtes Verstehen-Wollen", ohne die Terroristin Meinhof zu verurteilen oder auch zu verteidigen. Gerade für Jugendliche, die ja "die Ereignisse selbst nicht mehr mitbekommen" haben, ist die Art wichtig, wie sie erzählt werden, findet sie. Hier hält sie Prinz zugute, dass er den Leser regelrecht an die Orte führt, wo Meinhof gelebt und als Journalistin gearbeitet hat, wo sie sich politisch engagierte, wo sie verhaftet wurde und wo sie später starb. Eine gründliche Recherche war für diese Arbeit notwendig, glaubt Thurner. Wie sie findet, beschreibt Prinz die gesellschaftlichen und geschichtlichen Zusammenhänge "jugendgerecht ausführlich" und rüttelt an "festgefahrenen Feindbildern", statt Meinhof als gesellschaftlich verdammte "Antiheldin" in die Geschichte eingehen zu lassen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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