Von 1979 bis 1991 waren um die 20.000 Vertragsarbeiter_innen aus Mosambik in der DDR beschäftigt.Ihr auf vier Jahre befristeter Aufenthalt sollte dazu dienen, ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen und Berufserfahrung zu sammeln, um nach ihrer Rückkehr zum Aufbau eines unabhängigen sozialistischen Mosambiks beizutragen.Die Realität sah anders aus. Die "Madgermanes", wie sie in Mosambik genannt werden, eine Wortschöpfungaus "Verrückte Deutsche" und "Made in Germany", kehrten in ein vom Bürgerkrieg völlig zerstörtes Land zurück. Für ihre Berufsausbildunggab es keine Verwendung, und der von der…mehr
Von 1979 bis 1991 waren um die 20.000 Vertragsarbeiter_innen aus Mosambik in der DDR beschäftigt.Ihr auf vier Jahre befristeter Aufenthalt sollte dazu dienen, ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen und Berufserfahrung zu sammeln, um nach ihrer Rückkehr zum Aufbau eines unabhängigen sozialistischen Mosambiks beizutragen.Die Realität sah anders aus. Die "Madgermanes", wie sie in Mosambik genannt werden, eine Wortschöpfungaus "Verrückte Deutsche" und "Made in Germany", kehrten in ein vom Bürgerkrieg völlig zerstörtes Land zurück. Für ihre Berufsausbildunggab es keine Verwendung, und der von der Regierung treuhänderisch einbehaltene Lohn wurde nie ausgezahlt ...Birgit Weyhe recherchiert diese kaum bekannte Fußnote deutsch-mosambikanischer Geschichte, indem sie die Betroffenen selbst zu Wort kommen lässt. Sie dreht die übliche Perspektive eines deutschen Blicks auf die Welt um und porträtiert zugleich einen Staat vor dessen Untergang.Durch subtiles Einfügen von Erinnerungsobjekten und mit allegorischen Motiven angereichert entstand ein Comic, der in seiner Bild- und Erzählsprache selbst die Grenzen zwischen afrikanischer und europäischer Kultur überschreitet.
Birgit Weyhe, 1969 in München geboren, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Ostafrika und kehrte im Anschluss an ihr Abitur nach Europa zurück. Sie studierte Germanistik und Geschichte und begann 2002 mit dem Studium der Illustration an der HAW Hamburg, wo sie 2009 ihr Diplom erhielt. Für ihre Arbeiten erhielt sie zahlreiche Preise. 2014 wurde sie mit dem "Comicbuchpreis" ausgezeichnet.
Rezensionen
buecher-magazin.deEnde der Siebzigerjahre entsandte die Volksrepublik Mosambik Arbeitskräfte ins sozialistische Bruderland DDR. Angezogen vom Versprechen einer Ausbildung wurden sie als Hilfsarbeiter eingesetzt. Sie wohnten in streng geführten Heimen, und ein Großteil ihres Lohns ging direkt an die mosambikanische Regierung, die ihnen das Geld bis heute nicht ausgezahlt hat. "Madgermanes" nennen sie sich heute, "made in Germany", ein Spottname. Birgit Weyhe illustriert diese Fußnote der Geschichte anhand dreier fiktiver Biografien. Da ist der schüchterne José, der in der DDR seine große Liebe und die Enttäuschung seines Lebens findet. Der Zyniker und Playboy Basilio, der nach der Wende vor Rassismus und Arbeitslosigkeit kapituliert. Und Anabella, die ihre Haare glättet und Deutsche wird. Weyhe bedient sich traditionell mosambikanischer Bildelemente und zitiert immer wieder die Bildsprache des Sozialismus. Die Geschichten, die sie erzählt, sind bewegend und ungeheuer interessant.
Als "Madgermanes" wurden die rund 20.000 Vertragsarbeiter aus Mosambik bezeichnet, die in den achtziger Jahren in der DDR arbeiteten und schließlich überwiegend in die ehemalige Heimat abgeschoben wurden, informiert Rezensent Christian Gasser. Wie Birgit Weyhe in ihrer gleichnamigen Graphic Novel anhand von drei beispielhaften Figuren das Schicksal der Madgermanes nachzeichnet und miteinander verknüpft, findet der Kritiker brillant. Die Comicautorin, die selbst neunzehn Jahre in Mosambik aufwuchs und schließlich nach Deutschland kam, verfüge über die notwendige Kenntnis und das Einfühlungsvermögen, um die Gefühle von Entfremdung, Heimat- und Perspektivlosigkeit, Integration und Ausgrenzung zu schildern, lobt der Rezensent, der über einige Absurditäten bisweilen schmunzeln muss. Auch Weyhes lebhafte Bildsprache, die Schwarz-Weiß-Panels mit ornamentalen Motiven aus beiden Kulturen und zeithistorischen Elementen wie Bustickets oder Propagandaplakaten verbindet, hat dem Kritiker ausgesprochen gut gefallen.