Straßenfotografie ist die spontanste Form der Fotografie, unmittelbar, intuitiv und ohne Hemmung Grenzen zu überschreiten. Mario Schneider hat auch stets Gewissensbisse, wenn er Menschen fotografiert, ohne sie gefragt zu haben. Er nimmt ihnen etwas, ohne etwas dafür zurückzugeben – ein ungleiches
Geschäft. Die Gewissensbisse überwindet er nur, da er weiß, dass man nur auf diese Weise wirklich gute…mehrStraßenfotografie ist die spontanste Form der Fotografie, unmittelbar, intuitiv und ohne Hemmung Grenzen zu überschreiten. Mario Schneider hat auch stets Gewissensbisse, wenn er Menschen fotografiert, ohne sie gefragt zu haben. Er nimmt ihnen etwas, ohne etwas dafür zurückzugeben – ein ungleiches Geschäft. Die Gewissensbisse überwindet er nur, da er weiß, dass man nur auf diese Weise wirklich gute Straßenfotos bekommt, die absolut ungekünstelt, distanzlos und ehrlich sind. „New York Short Stories“ ist so ein Glücksfall gelungener Straßenfotografie und der Buchtitel bringt es auf den Punkt: Jedes gute Foto erzählt eine ganze Geschichte, es schaut den Menschen in die Seele, hat Humor und Emotionen, überrascht den Betrachter und besitzt eine eigene ästhetische Qualität. All das trifft auf „New York Short Stories“ zu. Jede Seite ist so individuell und originell wie die Stadt New York, sie zeigen Menschen aus allen sozialen Schichten, jeden Alters und ethnischer Herkunft, ein Schmelztiegel der Biografien, so bunt wie Schneiders Fotos meist schwarz-weiß sind.
Er hat ein so untrügliches Auge für Situationen und den richtigen Moment, dass man schon etwas wie den siebten Sinn vermuten darf, ohne sehr zu übertreiben. Ein gewisser Hang zum Skurrilen darf vorausgesetzt werden, das ergibt sich auch schon aus der selbstironischen Schilderung seiner Jugend im sächsischen Helbra, die in ihrer Episodenhaftigkeit geradewegs aus seinen Fotos entsprungen sein könnte. Ähnlich ironisch ist der kurze Text von Andreas Reimann, dem Freund, der eigentlich die in solchen Bildbänden übliche Huldigung verfassen sollte, dann aber nur zu Papier bringt, dass er dessen nicht fähig ist. Gehuldigt wird zwischen den Zeilen.
„New York Short Stories“ zeigt die Stadt aus dem Augenwinkel. Verschmitzt, komisch, direkt, rührend, aggressiv, entspannt und weltoffen. Hoffen wir mal, dass es so bleibt.