Über 120 Texte zur Rolle des Materials werden hier präsentiert. Goethe und Ruskin sind vertreten, bildende Künstler wie Tatlin, Beuys oder Robert Smithson, Architekten, Kunsthandwerker und Designer wie Gottfried Semper oder Henry van de Velde, aber auch heute in Vergessenheit geratene Fachleute.Die Erfindung neuer Materialien am Beginn des Industriezeitalters führte zu brisanten Debatten. Gestritten wurde um Funktion, Ästhetik und Bedeutung von Materialien. 'Materialgerechtigkeit' war im späten 19. Jahrhundert der Kampfbegriff gegen die anpassungsfähigen 'Neomaterien'. Die bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg fortdauernden Auseinandersetzungen galten grundsätzlichen Fragen nach den Arbeitsformen, dem Verhältnis von Form und Material, dem Anteil des Materials an der Stilbildung oder der nationalen Identitätsstiftung.Das Buch wird erschlossen durch einführende Kommentare zu den einzelnen Kapiteln - einführende Texte, die das kulturgeschichtliche Umfeld der Autoren in einen größeren Zusammenhang stellen - ein Namens- und Materialregister - Hinweise auf weiterführende Literatur im Anhang
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Einer idealistisch inspirierten Kunstphilosophie - der Hegels etwa - muss allein der Begriff einer "Materialästhetik" schon widersinnig erscheinen. Ihr gilt das Material als notwendiges Übel für die Darstellung der Idee. In diesem Band, der sich einem DFG-geförderten Projekt in Hamburg verdankt, werden solche Vorstellungen aber vom Kopf auf die Füße gestellt. Die in diesem Band versammelten Quellentexte zeigen, wie die Materie, das Material der Kunst, irreduzible und eigenständige Grundlage der Form bleibt und "noch auf die Art und Weise ihrer eigenen Überwindung" beträchtlichen Einfluss ausübt. Gekonnt haben die Herausgeber, lobt der Rezensent Peter Richter, ein "transhistorisches Fachgespräch zwischen berühmten und weniger berühmten Namen destilliert, moderiert, kommentiert". Nachvollziehbar wird etwa die Karriere einzelner Materialien, vom Gusseisen zum Kautschuk, vom Synthetischen zurück zum Natürlichen. Schade nur, findet der Rezensent, dass der Band sich nicht an die Gegenwart wagt und mit den siebziger Jahren abbricht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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