Etwas Merkwürdiges liegt über dieser Insel. Der Mann, der hier Zuflucht vor der Justiz gefunden hat, glaubt sich zunächst allein in dieser von Überschwemmungen heimgesuchten Einöde. Auf seinen Streifzügen findet er ein Schwimmbecken, eine Kapelle, ein Museum, überzogen vom Geruch der Verlassenheit. In den Kellerräumen des Museums aber stößt er auf riesige funktionsfähige Maschinen, deren Zweck er sich nicht erklären kann. Er hat keine Zeit, sich darüber zu wundern: Unversehens ist seine Insel voller Menschen. Wie sind sie unbemerkt hierhergekommen? Sind es seine Verfolger, die ihm auf der Spur sind? Er versteckt sich vor ihnen, auch vor der etwas zigeunerhaft schönen Frau, die Abend für Abend bei den Klippen auf das Meer schaut.
Als er sieht, daß sich die Neuankömmlinge nicht für ihn interessieren, auch nicht ihr Anführer, ein Mann mit Namen Morel, nähert er sich schließlich der schönen Faustine und offenbart ihr seine Liebe. Sie aber schaut durch ihn hindurch.
Atemlos, gekränkt, beunruhigt schreibt er Tagebuch auf einzelne Blätter. Erst als er Morel bei einer Unterredung belauscht, dämmert ihm das Geheimnis der Insel und ihrer seltsam ungerührten Bewohner. Die Erkenntnis ist von Grund auf unheimlich: Morels Erfindung hat das Verhältnis von gelebter Wirklichkeit und Gegenwart in der Virtualität neu definiert. Um Faustine zu erreichen, faßt er einen Entschluß ...
Der Klassiker von 1940 ist nun zu lesen in der Neuübersetzung von Gisbert Haefs und mit einem Nachwort von René Strien.
Als er sieht, daß sich die Neuankömmlinge nicht für ihn interessieren, auch nicht ihr Anführer, ein Mann mit Namen Morel, nähert er sich schließlich der schönen Faustine und offenbart ihr seine Liebe. Sie aber schaut durch ihn hindurch.
Atemlos, gekränkt, beunruhigt schreibt er Tagebuch auf einzelne Blätter. Erst als er Morel bei einer Unterredung belauscht, dämmert ihm das Geheimnis der Insel und ihrer seltsam ungerührten Bewohner. Die Erkenntnis ist von Grund auf unheimlich: Morels Erfindung hat das Verhältnis von gelebter Wirklichkeit und Gegenwart in der Virtualität neu definiert. Um Faustine zu erreichen, faßt er einen Entschluß ...
Der Klassiker von 1940 ist nun zu lesen in der Neuübersetzung von Gisbert Haefs und mit einem Nachwort von René Strien.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Andreas Breitenstein freut sich darüber, dass der Suhrkamp Verlag Adolfo Bioy Casares' "seltsam sprödes, aber ungemein faszinierendes Buch" als Beginn einer "kleinen Werkausgabe" wieder zugänglich gemacht hat. Es erzähle von einem politischen Dissidenten, der auf einer einsamen Insel menschlichen Hologrammen begegnet. Die Menschen sind zwar schon tot, jedoch sind sie durch die holografische Projektion des verrückten Wissenschaftlers Morel zur ewigen Wiederkehr verdammt. Für Breitenstein ist das eine "schlechte Unsterblichkeit, sie vernichtet die Substanz des Menschlichen, indem sie es auf die Faktizität reduziert". Casares wirft auf knappem Raum die drängendsten Fragen der menschlichen Existenz auf, lobt unser Rezensent. Die "Raffiniertheit dieser Parabel" besteht für ihn darin, dass der Leser in die Unwirklichkeit der Insel verstrickt wird. Er ist gefesselt von der "Genauigkeit der phantastischen Erfindung", die Borges als "rationale Imagination" gelobt hat. Ironisches I-Tüpfelchen ist für den Rezensenten der penible Fußnotenapparat des fiktiven Herausgebers.
© Perlentaucher Medien GmbH
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