Das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) wurde im "Dritten Reich" als "Banner- und Willensträger des Motorisierungsgedankens der deutschen Nation" bezeichnet. Was sich hinter diesem Topos verbirgt, untersucht Dorothee Hochstetter in ihrer Studie über das NSKK. Sie legt die erste Gesamtgeschichte dieser Organisation vor, die zeigt, dass das NSKK nicht nur ein Exekutivorgan der NSDAP war, sondern in vielen Gesellschaftsbereichen Macht ausübte: im Motorsport, in der Automobilindustrie, im Vereinswesen und im Verkehr. Indem die Autorin die Beteiligung des NSKK an der Verfolgung und Ermordung der Juden und an Kriegsverbrechen nachweist, wird der Mythos des NSKK vom unpolitischen Kraftfahrertreff und von der unwichtigen, weil untergeordneten Parteigliederung zerstört.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Überaus instruktiv findet Rezensent Josef Henke diese Studie von Dorothee Hochstetter über das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK). Die Autorin stelle nicht nur die organisatorische und personelle Entwicklung des NSKK dar, sondern biete auch eine den damaligen "Lebenswelten" einfühlsam nachempfundene Mentalitätsgeschichte. Sie verdeutliche den Stellenwert des NSKK innerhalb der Herrschaftsstrukturen des NA-Regimes und akzentuiere den Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung des NSKK. Henke hebt insbesondere Hochstetters Ausblicke auf die Motorisierungspolitik im Nationalsozialismus hervor. Weiterhin würdigt er die Darstellung des Motorsports im "Dritten Reich", der Aktivitäten des Kraftfahrerkorps im Blick auf die Motor-HJ und die NSKK-Motorsportschulen, des Verhältnisses des NSKK zu Automobilclubs und zur Automobilindustrie sowie der Rolle des NSKK im Bereich der Fahrausbildung und der Verkehrssicherheit. Schließlich widme sich Hochstetter den Aufgaben und Tätigkeiten des "als 'unpolitisch' geltenden" NSKK im Zweiten Weltkrieg sowie dessen Beteiligung an Diskriminierungs- und Gewaltmaßnahmen gegen Juden bis hin zu Kriegsverbrechen und Mordaktionen in Polen und in der Sowjetunion. Henke lobt die Autorin dafür, dass sie bei ihrer "sorgfältig abwägenden Bewertung" stets das Augenmaß behält.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Mit ihrer ausgewogen urteilenden Darstellung über die bislang weitgehend unbekannte NSDAP-Organisation NSKK ohne moralisierend-volkspädagogische Bewertungen hat Hochstetter nicht nur einen sorgfältig gearbeiteten Beitrag zur allgemeinen NS-Forschung geleistet, sondern auch anhand einer Vielzahl mentalitätsgeschichtlichen Zitate aus der Zeit aufgezeigt, welche ambivalenten Wirkzusammenhänge aus Kampfzeit, Freizeitbeschäftigung, Wunsch nach Motorisierung und Servicebereit-schaft für die SA/NSDAP während der NS-Herrschaft Bevölkerung, Industrie und politischen Institutionen aneinander banden." (Reiner Ruppmann in: H-Soz-u-Kult, Juli 2005)"Das wissenschaftliche Buch mit umfangreichem Literaturverzeichnis vermittelt mehr als nur einen Überblick über den Automobilismus des Dritten Reichs." (Oldtimer-Markt, Heft 4/2005)"Künftige Darstellungen über die Motorisierung in der NS-Zeit müssen sich an diesem Standardwerk messen lassen." (Benjamin Obermüller in: en.ch, Januar 2005)







