Ruth Hartland ist Psychologin und leitet die Trauma-Abteilung in einer Klinik in London. Sie ist Mutter von erwachsenen Zwillingen, wobei ihr Sohn seit anderthalb Jahren verschwunden ist. Ihr Ehe ist daran zerbrochen und das Verhältnis zu ihrer Tochter angespannt. Im beruflichen Umfeld verschweigt
Ruth ihre privaten Sorgen.
Ihr neuer Patient Dan erinnert sie an ihren Sohn Tom. Er verunsichert sie…mehrRuth Hartland ist Psychologin und leitet die Trauma-Abteilung in einer Klinik in London. Sie ist Mutter von erwachsenen Zwillingen, wobei ihr Sohn seit anderthalb Jahren verschwunden ist. Ihr Ehe ist daran zerbrochen und das Verhältnis zu ihrer Tochter angespannt. Im beruflichen Umfeld verschweigt Ruth ihre privaten Sorgen.
Ihr neuer Patient Dan erinnert sie an ihren Sohn Tom. Er verunsichert sie in den Therapiesitzungen und Ruth schafft es immer weniger, die professionelle Distanz zu wahren - mit fatalen Folgen.
Der Roman wird aus Ruths Ich-Perspektive geschildert, so dass man der Hauptfigur sehr nahe kommt. Sie ist einerseits eine erfahrene Psychotherapeutin, die mit Leidenschaft ihrem Beruf nachgeht und andererseits eine Mutter, die einen Verlust erlitten hat und sich in Frage stellt. Die Darstellung ist emotional und realitätsnah und erscheint aufgrund der Tatsache, dass die Autorin selbst jahrelang als klinische Psychologin tätig war, besonders authentisch.
Es gibt Einblicke in ihren Berufsalltag, die Therapiesitzungen mit ihren Patienten und die Supervisionen. Dazwischen erfolgen Erinnerungen an Tom und Rückblenden in das Familienleben. Geprägt von einer Kindheit mit einer alkoholkranken Mutter wollte Ruth in ihrer Mutterrolle stets alles richtig machen. Die Unterschiede ihrer Kinder machten es ihr jedoch schwer. Während sie ihrer Tochter, die von Geburt an stärker wirkte, weniger Aufmerksamkeit schenkt, rückt die Fürsorge für ihren sensiblen Sohn in den Mittelpunkt.
Als Therapeutin möchte sie ihren Patienten helfen, gleichzeitig ist es ihr ein Bedürfnis, sie zu knacken und erfolgreich zu sein. Ihr neuer Patient Dan macht ihr jedoch Probleme. Die Grenzen zwischen Dan und Tom, zwischen ihrer Aufgabe als Therapeutin und ihrer Eigenschaft als Mutter verschwimmen.
"Mutterlüge" ist kein nervenaufreibender Thriller, aber ein fesselndes Drama über Verlust, Schuldgefühle, mangelnde Abgrenzung und Mutterschaft.
Gebannt wohnt man den Therapiesitzungen bei und hat das Gefühl, dass Dan genau weiß, was Ruth durchmacht und dass er sie bewusst provoziert und manipuliert. Geblendet von ihrer Trauer um den Sohn und ihren Versagensängsten fehlt Ruth der neutrale Blick auf Dan. Es ist jederzeit zu spüren, dass die Sitzung in eine Katastrophe führen wird, wobei das Ausmaß der Tragödie am Ende dennoch überrascht.