Wer kennt noch Rabindranath Tagore, Nobelpreisträger und Indiens vielleicht berühmtester Dichter im zwanzigsten Jahrhundert? Wer weiß, dass dieser auf dem ganzen Globus gefeierte Dichter, einer der schärfsten und wortgewaltigsten Kritiker nicht nur der britischen Kolonial-Besatzer seines Landes war? In den drei Kapiteln dieses 1917 veröffentlichtenBuchs lässt Tagore nicht ein gutes Haar an den Lügen und falschen Versprechungen, mit denen sich westlichePolitik bis heute - in der Verkleidung materieller Segnungen - als alternativloses Modell für den Erdball feiert. Pankaj Mishra, Tagores Landsmann und einer der wichtigsten Kritiker des neoliberalen Imperialismus, beschreibt in seiner Einleitung, warum Tagores Philippika nichts von ihrer Aktualität und Berechtigung eingebüßt hat.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Heute wird gern der aggressive Nationalismus von einem defensiv-harmlosen Patriotismus unterschieden, aber bei Rabindranath Tagore kann Rezensent Gustav Seibt noch einmal nachlesen, wie gewaltvoll sich in der Zeit des europäischen Nationalismus die Umformung der Welt vollzog. Der indische Literaturnobelpreisträger Tagore verfolgte in seinem Essay von außen die Bildung der Nationalstaaten als politische-soziale Organisationsform, in der sich Selbstbehauptung und Profitmaximierung verbanden. Seibt spürt in dieser Schrift den welthistorischen Schock, den diese Machtapparate von "ungekannter Gewaltsamkeit und Effizienz" für den Rest der Welt bedeutet haben müssen. Auch dass damit eine "dramatische Vermännlichung der Gesellschaft" verbunden war, kann Tagore dem Rezensenten zeigen, der schließlich auch noch die elegante Übersetzung und schöne Gestaltung des Bandes lobt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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